Textatelier
BLOG vom: 13.11.2017

Mit Speck fängt man Mäuse - Marketingmethoden

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Deutschland


Im November habe ich Geburtstag. Ende Oktober erhielt ich einen Brief mit der Post.

Ein Herr Poschmanns gratuliert mir persönlich. Als Absender ist ein Spezialitäten-Haus in Aachen angegeben. Wie diese Firma an meine Adresse gekommen ist, weiss ich nicht genau, kann es mir aber ausmalen. Vor etwa einem Jahr habe ich vor meinem Geburtstag bei einer Firma in Aachen Lebkuchen bestellt. Vielleicht wurde meine Adresse von dieser Firma gekauft, vielleicht gehören diese beiden Firmen auch zusammen, vielleicht gehören sie auch zu einem großen Lebensmittel-Konzern.

Erst als ich die Rückseite dieses Schreibens betrachtet habe, wurde deutlich, was das Haus verkauft: Pralinen, Marzipan, Mozartkugeln und die verschiedensten Gebäcksorten.

 


 

Ich war viele Jahrzehnte im Marketing eines Schulmedien-Verlages tätig. Dennoch bin ich immer wieder überrascht darüber, welche Methoden von den Firmen angewandt werden.

Dieser Brief ist ein schönes Beispiel dafür.

Das Erste, was auffällt, ist das Schriftbild. Diese Art von Schreibschrift lernen die Kinder nicht in der Schule in Deutschland, sie entspricht weder der Lateinischen oder Vereinfachten Ausgangsschrift, noch der Schulausgangsschrift. Aber damit soll eine persönlichen Ansprache und Nähe suggeriert werden. Das Zweite ist die Ansprache mit Lieber am Anfang und mit Ihr am Ende, hier soll Vertrauen aufgebaut werden. Ebenso, dass natürlich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gratulieren.

Verkauf ist immer auch Psychologie.

Welche hier zum Tragen kommen, wird so erklärt:

Der menschliche Geist ist Unmengen von psychologischen Mustern unterworfen, die vielen gar nicht bewusst sind. Kennt man sie, lassen sich ein paar einfache Marketing-Methoden daraus ableiten. 

Psychologische Phänomene zu nutzen ist kein Hexenwerk

Es gibt ein paar psychologische Phänomene, die Marketer kennen sollten. Denn aus ihnen lassen sich konkrete Maßnahmen ableiten, auf die Menschen relativ berechenbar reagieren. Natürlich gilt das nicht für jede Person. Keines dieser Muster ist unüberwindbar. Vielmehr zeigen sie auf, wie der Mensch grundsätzlich tickt.

Prinzip der Gegenseitigkeit

Wenn jemand etwas für einen tut, hat man in der Regel das Bedürfnis, es ihm gleichzutun und man möchte sich revanchieren. Der amerikanische Psychologe Robert B. Cialdini hat dieses Phänomen, im englischen Reciprocity genannt, in seinem Buch „Die Psychologie des Überzeugens. Ein Lehrbuch für alle, die ihren Mitmenschen und sich selbst auf die Schliche kommen möchten“, näher beschrieben.Den grössten Effekt erzielt man, wenn es die Belohnung vorher gibt. Im Marketing gibt es viele Wege, wie man dieses Phänomen nutzen kann. Mit kleinen Give-Aways, hilfreichen Tutorials, einem kostenlosen Template – je nachdem was inIhrem Geschäft ist. Wichtig dabei ist, dass Sie ihre Kunden immer erst dann um etwas bitten, wenn sie schon eine Belohnung erhalten haben. Dieses Verhalten kann man zum Beispiel gut im Supermarkt bei Verkostungen beobachten: Die Gratisprobe wird als Geschenk angesehen und wird, um nicht unhöflich zu erscheinen, angenommen. Im Gegenzug fühlt sich der Kunde verpflichtet, dem Hersteller das Produkt abzukaufen.

Bei dem oben gezeigten Schreiben ist es nicht nur die Belohnung, also der Rabatt, sondern es wird suggeriert, dass eine Art von freundschaftlichem Verhältnis besteht.

Natürlich ist die Darstellung der zum Verkauf anstehenden Waren farbig ansprechend gestaltet.

 


 

Wer will, kann sich im Internet auch über die Nährwerttabelle der einzelnen Gebäckangebote informieren. Der Zuckergehalt liegt übrigens im Durchschnitt anteilmässig bei über 40%!

Mit Speck fängt man Mäuse!

Das Sprichwort wird benutzt um auszusagen, dass man mit dem richtigen Lockmittel viel erreichen kann. Manchmal spielt auch die Nebenbedeutung der fehlenden Fairness eine Rolle, die mit den Verlockungen verbunden ist. Eine weitere Nebenbedeutung ist, dass es auf das richtige Lockmittel ankommt, die auf die Bedürfnisse der Zielgruppe angepasst sein sollte.

Deshalb landet der Brief im Papierkorb!

 

Quelle
http://t3n.de/news/sanfte-manipulation-5-einfache-619087/
https://www.redensarten-index.de/liste/2003/5059-0.php

 


*
*    *

Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse
Hermann-Löns-Grab im Wacholderhain
Lüneburger Heide: Salzsau und Heidschnucken
Kutschenmuseum in Wiechs ist ein Schmuckstück
Canna verleihen einen Hauch karibisches Flair
Artenreiche Streuobstwiesen stark gefährdet
Liebe zu den Kräutern in die Wiege gelegt
Eine Hütte mit Fleischsuppe im Namen
Rätsel um die Russenbänke in Präg gelöst