Textatelier
BLOG vom: 05.07.2005

Kranksein als Bürgerpflicht: Therapieren statt heilen

Autor: Walter Hess

Die Ansicht ist vielleicht kühn, wahrscheinlich aber nicht allzu weit von den Tatsachen entfernt: Ein Organismus wie der menschliche funktioniert im Prinzip perfekt: Ist er zu heiss, kühlt er sich durch die Abgabe von Wasser (Schweiss) ab. Ist das Gefässsystem durch allerlei Ablagerungen verengt, muss das Herz stärker pumpen, um das Blut trotzdem dorthin verteilen zu können, wo es benötigt wird – der Blutdruck steigt. Nimmt der Mensch viel Säure bildende Nahrung (wie Auszugsmehle, weisser Zucker und Fleisch) zu sich, muss der Organismus die Kalkreserven angreifen, um einen Neutralisationseffekt herbeiführen zu können (Osteoporose und rheumatische Erkrankungen sind die Folge). Die zunehmende elektromagnetische Strahlung irritiert alle unsere Zellen, die kleine Resonatoren sind. Das harmonische Schwingungsgleichgewicht gerät aus dem Takt: diffuse Gesundheitsstörungen, Unruhe, Schlafprobleme, Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit sind die Folge. Unter anderem. 

Solchen Ursache-Wirkung-Beziehungen nähert sich die Wissenschaft auf ihre eigentümliche Weise an – unter Ausschluss der Ursachen-Beachtung zwecks Erhaltung des Patientenguts. Ihre wichtigsten Werkzeuge sind Messgeräte, wogegen an sich nichts einzuwenden ist. Wenn man einen Mittelwert als normal empfindet und zur Norm erhoben hat, können Abweichungen davon als Krankheiten unterschiedlichen Schweregrads definiert werden. Die zur Krankheit werdenden Abweichungen vom statistisch mittleren Gesundheitszustand kann man also messen; wobei individuelle Veranlagungen, Alter usf. allerdings einbezogen werden sollten. Das geschieht allerdings meistens nicht. 

Man kann alles Mögliche messen: Das Körpergewicht, den Blutdruck, den Blutzucker (der sich je nach vorangegangener Nahrungsaufnahme ändert). Auch der Urin wird zum offenen Buch: Die Ausscheidung von nicht zerfallenen roten bzw. weissen Blutkörperchen (lateinisch: Hämaturie bzw. Leukurie) zeigen Nierenerkrankungen, aber auch Erkrankungen der Harnwege (Blase, Prostata usw.) an. Spektroskopische Methoden eröffnen neue Möglichkeiten der Krebsfrüherkennung durch die Feststellung von einer Veränderung der DNA. Ein halbes Reagenzglas Urin, das man einem Arzt oder Labor geschenkt hat, höhlt die ganzen Datenschutzbemühungen aus. Und das Score-System schätzt das individuelle Risiko, innerhalb der nächsten 10 Jahre einen Herzinfarkt zu erleiden, aufgrund der Daten der Prospective-Cardiovascular-Münster-Studie (PROCAM). Pflichtbewusste Medizingläubige fühlen sich dann verpflichtet, ihren Infarkt termingerecht zu produzieren. Die Aufzählung könnte endlos fortgesetzt werden. 

Die erzwungene Norm

Der entscheidende (Kunst-)Fehler passiert dann, wenn wegen äusserer Einflüsse offensichtlich entgleiste Werte medikamentös in den Normbereich gezwängt werden. Der Fehler ist deshalb gravierend, weil damit die normalen Regulationssysteme des Organismus überlistet werden. Wenn also ein Herz wegen eines verengten Kreislaufsystems kräftiger pumpen muss, sollte man alles unternehmen, um die Kanalisation zu reinigen statt einfach die Pumpleistung herabzusetzen. Diabetiker müssten ihre Ernährung umstellen, damit die Voraussetzungen für einen ordentlichen Blutzuckerhaushalt geschaffen werden; stattdessen werden ihre Blutzuckerwerte medikamentös gesteuert und „auf ein Leben mit seiner Krankheit eingestellt“, wie Dr. Johann Georg Schnitzer im Buch Diabetes heilen (Eigenverlag, D88045- Friedrichshafen, 2005) schreibt. 

Dem Textatelier gegenüber äusserte sich Dr. Schnitzer treffend wie folgt: „Wenn wir nicht aufpassen, wird in unserem Körper schliesslich nichts mehr von selbst funktionieren, sondern jegliche Funktion der künstlichen Steuerung durch Medikamente und alle möglichen ‚Schrittmacher’ bedürfen; auch und vor allem das Denken. Das ist das Ziel, auf welches die ‚moderne Medizin’ zusteuert: Jeder Mensch und jede seiner Funktionen sollen in die Abhängigkeit von der Diktatur des von ihr und ihren Interessenvertretern beherrschten ‚Gesundheitswesens’ gebracht werden“ (Blog „Wie man Diabetes-2 wirklich heilen könnte“ vom 13. 5. 2005). 

Die medikamentösen Dauerbehandlungen sind mit grossen Gefahren verbunden. Betrachten wir als Beispiel den Einsatz von ACE-Hemmern. Dies sind Medikamente, die den Aufbau von Hormonen (z.B. Angiotensin) hemmen, welche den Blutdruck erhöhen können. ACE-Hemmer haben verschiedene Nebenwirkungen: So kann die blutdrucksenkende Wirkung so ausgeprägt sein, dass der Patient einen Kollaps erleidet. Allergien, Hustenreiz und Auswirkungen auf den Geschmackssinn sind ebenfalls möglich. Und wegen eventueller Veränderungen der Blutsalze, der Nierenfunktion und des Blut bildenden Knochenmarks werden regelmässige Laboruntersuchungen beim Hausarzt nötig. In der Regel führen solche zu weiteren Eingriffen ins Selbstregulationssystem. 

Durch medikamentöse Eingriffe kommt der Organismus in eine regulatorische Unordnung; sein eigenes Bestreben, Gleichgewichte herzustellen, wird ausser Kraft gesetzt, und es kommt zu chronischen Krankheiten. Die einzige Möglichkeit, dies zu umgehen, ist die Beseitigung der krankmachenden Ursachen – hier, bei der kausalen Therapie, müsste demnach angesetzt werden. Dass sich dann Erfolge tatsächlich einstellen, hat Dr. Schnitzer in seiner „Bluthochdruckstudie“ nachgewiesen. 

Laut seinen Erkenntnissen kann die Hypertonie in wenigen Wochen ausgeheilt werden, wenn sich die Betroffenen um einen möglichst hohen Anteil an gesunder Nahrung (siehe unten) bemühen.

Schon im „Eid des Hippokrates“, der rund 2400 Jahre alt ist und noch heute die ethische Grundlage des ärztlichen Wirkens ist, heisst es: „Die diätetischen Massnahmen werde ich nach Kräften und gemäss meinem Urteil zum Nutzen der Kranken einsetzen, Schädigung und Unrecht aber ausschliessen.“ 

Die Lösung des Problems wäre nahe liegend und seit Menschengedenken bekannt: Der Mensch sollte richtig essen, sich lebendige und lebensfördernde Lebensmittel zuführen. Nutztiere, bei denen man das Geschäft mit ihren Produkten und weniger über Krankheitsvermarktungen machte, werden in der Regel vernünftiger ernährt. 

Aber offenbar sieht die gesunde Ernährungsweise als Heilmittel zu „naturheilkundlich“ aus, um ernst genommen zu werden. Bessere Ideen hat die Schulmedizin ihr nicht entgegenzusetzen. Laut Schnitzer hat die moderne Medizin „keine Heilmethode für Bluthochdruck anzubieten. Vielmehr hat sie sich mit dieser Zivilisationskrankheit auf recht lukrative Weise arrangiert. Die ‚herrschende Lehrmeinung’ besagt, dass Bluthochdruck unheilbar sei, dass seine Ursachen unbekannt seien, und dass bei Auftreten von Bluthochdruck als einzige Möglichkeit eine lebenslange tägliche Einnahme von blutdrucksenkenden Mitteln bestehe. Dafür hat sie ihre ‚Standardtherapie des Bluthochdrucks’ um die Jahrtausendwende weiterentwickelt: Von vorher 3 wurde sie auf 5 verschiedene, täglich einzunehmende Medikamente ‚erweitert’. Diese Therapie schütze die Patienten vor den fatalen Folgekrankheiten. Dieser Anspruch wird allerdings schon von der Morbiditätsstatistik widerlegt: Trotz aller Bluthochdruckpillen verstirbt jeder zweite Zivilisationsbürger an Herz-Kreislauf-Krankheiten, den Folgekrankheiten des Bluthochdrucks.“ 

In seiner Studie hat Schnitzer den Beweis für seine Erkenntnis, wonach der Blutdruck durch eine richtige Ernährung reguliert werden kann, erbracht: „54 von 58 Probanden konnten durch Ernährungsumstellung − und ohne blutdrucksenkende Mittel zu nehmen − ihren Blutdruck auf höchstens 140/90 mm/Hg oder niedrigere Werte senken. Auch die weiteren 4 Probanden erzielten eine Verbesserung ihrer Werte. Die Probanden berichten über zahlreiche Ausheilungen verschiedenster Beschwerden, und über einen signifikanten Zugewinn an Gesundheit, Lebensqualität, körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit und Lebensfreude.“ 

Was heisst „gesund essen“?

Die von Dr. Schnitzer empfohlene Ernährung in kurz gefasster Form:

Zum Frühstück Müeslis aus keimfähigen, frisch vor der Zubereitung geschroteten Getreidekörnern, frischen Früchten und Nüssen.

Zum Mittagessen und auch zum Abendessen wahlweise verschiedene Blattsalate und rohe Wurzelgemüsesalate, angekeimte Hülsenfrüchte (Kichererbsen, Linsen, grüne Mungobohnen) als Beilage zu den Salaten. Sodann Früchte (Äpfel, Birnen, Ananas usw. je nach Jahreszeit). Vollkornbrot und -gebäck aus keimfähigen, frisch vor der Teigbereitung gemahlenen Getreiden (z. B. Weizen, Dinkel, Roggen).

*

Die Gesundheit kann nur so gut wie die Lebensumstände und vor allem die Nahrung sein. Und wenn wir krank werden oder geworden sind, stimmt an der Lebensführung etwas nicht. Wir müssen also diese ändern statt mit Giften, die aus dem Naturzusammenhang herausgebrochen oder synthetisch hergestellt worden sind, den Körper auf die falschen Einflussfaktoren auszurichten und darauf einzustellen versuchen. Wer sich anschickt, die Folgen eines Fehlers mit einem anderen Fehler zu korrigieren, potenziert das Elend. Wer Fehler aber beseitigt und sich um sinnvolle Verhaltensweisen bemüht, ersetzt die Dauertherapie durch die Heilung, durch Wohlbefinden. 

Jede Behandlung (Therapie) sollte eine Heilbehandlung sein; das Ziel muss überall die Heilung und nicht die einträgliche Dauerbehandlung sein. Sollte – denn die Wirklichkeit sieht erheblich anders aus. Schnitzer stellt dazu fest: „Wenn in Europa plötzlich die allgemeine Gesundheit ausbräche, wäre das die grösste Wirtschaftskatastrophe, die Europa treffen könnte!“ – und zieht daraus den Schluss: „Ist Kanksein Bürgerpflicht? Da rette sich, wer kann!“

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