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BLOG vom: 29.09.2019

Bodensee 2: Honigschlecker und eine Pfahlbausiedlung

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim


Am 2. Tag unseres Wanderurlaubs am Bodensee war am Vormittag der Besuch des Klosters Birnau und die Pfahlbausiedlung in Unteruhldingen angesagt. Als Ausgleich der kulturellen Besichtigungen stand am Nachmittag eine 9 km lange Wanderung rund um den Mindelsee auf dem Programm. Das umfangreiche Programm hat unser Wanderorganisator Toni von Lörrach vorgeschlagen und wir für gut befunden.

 


Kloster Birnau
 

Barocke Klosterkirche Birnau
Die berühmte Kloster- und Wallfahrtskirche der Zisterzienser Birnau, liegt zwischen Überlingen-Nussdorf und Uhldingen-Mülhofen inmitten von Weinbergen. Sie ist Glanzpunkt der 500 km langen Oberschwäbischen Barockstraße. Der berühmte Vorarlberger Baumeister Peter Thumb schuf das Bauwerk 1746 für die Reichsabtei Salem.

 


Putto Honigschlecker
 

Bei einem früheren Besuch war ich schon vom Innenraum der prächtigen Kirche beeindruckt. Auch jetzt war es so. Mir gefiel die barocke Pracht des Innenraums. Dieser ist lichtdurchflutet und reich verziert. Die Deckengemälde in harmonischen Brauntönen schuf übrigens der Augsburger Hofmaler Gottfried Bernhard Götz. Stuckarbeiten, Altäre, Engels- und Heiligenfiguren stammen von Joseph Anton Feuchtmayer. Er schuf eine viel beachtete Besonderheit, nämlich den „Honigschlecker“. Es ist ein Putto mit Bienenkorb am Altar des hl. Bernhard von Clairvaux.

 


Pfahlbauten
 

Jungsteinzeitliche Wohnhäuser
Von Birnau fuhren wir nach Uhldingen-Mühlhofen und nahmen an einer Führung durch die rekonstruierte jungsteinzeitliche Pfahlbausiedlung teil. Die Wohnhäuser in Unteruhldingen sind weitgehend originalgetreu ausgestattet.

Bereits 1854 hat der Schweizer Altertumsforscher Ferdinand Keller bei Niedrigwasser Pfähle im Zürichsee entdeckt. Er unternahm auch Grabungsversuche am Federsee, Bodensee und vorarlbergischen Alpenseen.  1922 entstanden in Unteruhldingen die ersten Rekonstruktionen von 2 Siedlungen aus der Jungsteinzeit und aus der Bronzezeit. Es wurden in Uhldingen und an anderen Orten Tongefässe, Waffen, Steinwerkzeuge, Kinderspielzeug, Schmuck und Kleiderreste entdeckt. Die Fundstücke sind im Freilichtmuseum in einem Museumsbau auf dem Festland zu bewundern.

Bevor uns ein Guide in Empfang nahm, betrachteten wir das neu gestaltete „Archaeorama“. Hier wurde die Pfahlbauwelt unter Wasser gezeigt.  Danach öffnete sich eine Tür und die Besucher strömen ins Freie und genossen den ersten Blick auf die Pfahlbausiedlung. Unser Guide war eine Frau, die uns über Holzstege zu den Pfahlbauhäusern führte. Beim Rundgang durch das rekonstruierte Dorf aus der Jungsteinzeit vor 5500 Jahren erfuhren wir, wie unsere Vorfahren Holz und Stein bearbeiteten, wie sie Tontöpfe und Stoff herstellten, kochten, backten, fischten und Felder bestellten. In der folgenden Bronzezeit vor rund 3000 Jahren wurde auch die Haustierhaltung (Rind, Schwein, Schafe, Ziege) etabliert. Es gab auch schon eine Metallverarbeitung und die Herstellung von Schmuck. Nach dem geführten Rundgang durften die Besucher selbständig in die Häuser gehen. In einem Raum wurden auf einer Tafel Fragen, die Besucher oft stellen, beantwortet. Der Guide wurde dadurch entlastet.

Es war für uns alle ein beeindruckender Rundgang durch die Pfahlbauten. Das dürften auch für die fast 300 000 Besucher, die jährlich hierherkommen, so sehen. Es ist bewundernswert, wie die damaligen Menschen mit einfachen und effektiven Mitteln ihr Leben meisterten.

Wo ist der Mindelsee?
Nach den Besichtigungen speisten wir vorzüglich Bodenseefische im Imbiss „Norbert Knoblauch“ in Unteruhldingen.

Danach fuhren wir an Güttingen vorbei zu einem Parkplatz bei Möggingen. Von dort aus wollten wir im Naturschutzgebiet Mindelsee wandern. Der See ist übrigens ein Gletscherzungensee auf dem Bodanrück.

Auf einer Tafel konnten wir Infos zum Naturschutzgebiet bekommen. So erfuhren wir, dass es in diesem Gebiet botanische Kostbarkeiten (Mehlprimel, Fettkraut, Wollgras und Orchideen) und mehr als 90 Vogelarten gibt.

Auf unserem Parkplatz studierten wir eine schöne Karte mit den Wegen um den Mindelsee. So waren wir überzeugt, dass wir immer einen Blick auf den See bekommen würden. Falsch gedacht. Auf dem Hinweg sahen wir den See ab und zu durch den angrenzenden lichten Wald am Ufer durchblitzen. während wir auf dem Rückweg über einen schmalen Pfad innert eines Wald- und Buschgebietes zum Ausgangspunkt wanderten und vom See nichts sahen. Auch gab es auf dieser Seite keine Bänke. Wir machten an einem am Boden liegenden alten Baumstamm eine kurze Rast.

Es war eine erfrischende 3-stündige Wanderung, die uns nach den Besichtigungen am selben Tag so 19 000 Schritte bescherten. Durch diese Belastung spürte ich die Hüfte an der linken Seite, während ein anderer Wanderkamerad Fussprobleme bekam. In den nächsten Tagen wollten wir es ruhiger angehen lassen.

Fortsetzung folgt.


Internet
www.pfahlbauten.de
www.bodensee.de
de.wikipedia.org/wiki/Mindelsee

 


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