Textatelier
BLOG vom: 24.06.2018

Kinderfragen - W-Fragen

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/D


Was, wer, wie, wo, weshalb, wozu, warum! Wer nur Erwachsene fragt, bleibt dumm!

Das Kind ist in einem Alter, in dem es wissen will, wie alles zusammenhängt und wie es so geworden ist. Es hört nicht auf zu fragen, weil es mit den Antworten nicht zufrieden ist, es weiss noch nicht, dass seine Fragen nicht beantwortbar sind oder immer weitere Fragen nach sich ziehen.


Kind, frage nicht: warum?
Denn Menschen, die sind dumm,
sie wissen nichts, aber lassen dich glauben,
sie können sich eine Antwort erlauben.

Kind, frage nicht: warum?
Denn ein Weiser, der bleibt stumm,
er weiss, dass wir nichts endgültig wissen,
und dennoch meinen, nichts zu vermissen.

Kind frage nicht: warum?
Denn die Armut im Geiste geht herum,
niemand kann dir eine Antwort geben,
die dir Gewissheit gibt, in deinem Leben.

Denn Antworten führen wieder zum: Warum?
Du drehst dich nur im Kreise herum.
Die Antwort auf die letzte Frage,
die findest du erst in deinem Sarge.

Ich sage dir, du wirst im Zweifel leben,
willst du nach der Wahrheit streben.
Suche die Antworten in der Natur
und in jeder erreichbaren Literatur.

Viele wollen dich von ihrer Lehre überzeugen,
dafür musst du dich ihren Gesetzen beugen.
Lass’ dich besser nicht darauf ein,
es könnte dein Verhängnis sein.

Suche weiter Informationen zu deinen Fragen,
prüfe, was Erwachsene dir sagen.
Und entdecke deine eigene Welt!
Lerne, lese, forsche, frage, wie es dir gefällt!


Das Kind wendet sich der Frage zu: Wer?

Wer die Eltern, die Grosseltern mütterlicher- und väterlicherseits sind, wer die Geschwister, wer Onkel und Tante, das weiss es bald.

Und es fragt sich: Wer bin ich?

Die erste Antwort ist die Feststellung, dass es ein Mädchen oder ein Junge ist, dass es also 2 Geschlechter gibt.

Aber es weiss noch lange nicht, was das mit ihm zu tun hat.

Ich will keine Prinzessin mehr sein!
ruft es und stampft mit den Füssen auf den Boden.

Das Kosewort will es nicht mehr hören.
Wenn das nicht, was dann?

Ich bin ein Mädchen!
ruft es bestimmt und selbstsicher.

Die Konsequenzen daraus führen zu einer weiteren Frage: Wozu?

Jetzt weisst du, was du bist!
sagt Mama.

Und das Mädchen sieht, was der grosse Bruder alles tut und will es ihm nachmachen.

Warum bin ich ein Mädchen? Ich will auch grösser sein, so gross wie er!
sagt es mit Bestimmtheit.

Und fragt sich gleichzeitig: Wie ist er denn?

Älter ist er, er kann mit dem Elektrokasten spielen, er kann tolle Sachen basteln,
er kann schon schwimmen, er kann so viel, und ich.

Ich kann gar nichts!, behauptet es, schmollt, weint in sich hinein und ist
nicht zu beruhigen. Auf Tröstungen reagiert es abweisend:

Ihr versteht mich nicht, was wisst ihr schon!

Bald wirst du das auch alles können!, sagt die Mutter.

Das sagst du nur so!, beharrt es bockig.

Geh’ in dein Zimmer und beruhige dich erst einmal, sagt die Mutter.

Wohin?, schreit es. Ihr wollt mich ja nur loswerden!

Es geht in den Garten und schaukelt, höher und höher. Wütend!

Wann kann ich alles?, fragt es.

Bald, wenn du ein wenig älter geworden bist!

Und wo lerne ich das?

Im Kindergarten oder zu Hause, antwortet die Mutter.

Und wenn ich nicht kann?

Warum solltest du das nicht können, du bist doch mein grosses Mädchen!,
sagt Mutter und nimmt es in den Arm.

Und jetzt ab ins Bett!, befiehlt die Mutter, und vorher die Zähne putzen!

Ich will aber nicht!, mault es. Wozu soll das gut sein?

Die meisten W-Fragen sind gestellt. Nur - endgültige Antworten, die findet das Mädchen nicht.

Vielleicht gibt es sie auch nicht, nur den unstillbaren Hunger, alles wissen zu wollen.

 


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