Textatelier
BLOG vom: 22.09.2015

Im Markgräflerland: Weidbuchen, Betteleiche, Naschkatzen

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 

Nach meiner Bypass-OP testete ich meine Leistungsfähigkeit bei 3 Wanderungen. Die 1. Tour von 1,5 Stunden absolvierte ich mit unserem Wanderorganisator Toni von Lörrach auf dem Panoramaweg unterhalb des Zeller Blauens.

Die 2. Wanderung mit Grillpause führte uns ins Naturschutzgebiet Stuhlsebene (Ausgangspunkt war die Talstation Belchenbahn). Die Stuhlsebene gehört zu den 6 Kerngebieten des Naturschutzgrossprojekts Feldberg-Belchen-Oberes Wiesental. Auf der Rundwanderung Stuhlsebene waren wir 2,5 Stunden unterwegs.

Beeindruckend waren die Landschaft mit schönen Ausblicken, die artenreichen Weidflächen und die knorrigen uralten Weidbuchen. Schemenhaft waren am Horizont die höchsten Alpengipfel zu sehen.

Noch einige Bemerkungen zu den Weidbuchen, die es im Südschwarzwald reichlich gibt. Diese schmücken die alten Weidfelder, auf denen die Bauern ihre Kühe, besonders das Hinterwälder Rind, im Sommer weiden lassen. Die bizarren Schönheiten, wie die mächtigen Weidbuchen genannt werden, stellen eine besondere Wuchsform der Rotbuche dar. Durch den Verbiss durch das Vieh werden schon junge Bäume gezwungen, eine eigenartige Wuchsform zu entwickeln.

Fachleute erfassten in den Jahren 2003 und 2006 die Anzahl der Weidbuchen im Wiesental, in der Umgebung der beiden Schwarzwaldberge Schauinsland und Belchen. Das Ergebnis war erfreulich. Sie fanden 1600 Stellen, an denen Weidbuchen wachsen. Die schönsten Weidbuchen („Stolze Zeitzeugen der Natur“) sind unter www.naturpark-suedschwarzwald.de/mensch/kulturlandschaft/weidbuchen einzusehen.

 
Auf zur Betteleiche
Am 18.09.2015 plante unser Wanderorganisator Toni die 3. Tour nach meiner OP. Diesmal wählte er eine schöne Wanderung im Markgräflerland. Anfangs waren noch dicke Regenwolken zu sehen, es tröpfelte etwas, später kam die Sonne raus und wärmte uns. Toni mokierte sich vorher über die Wettervorhersagen. 4 Wetterberichte studierte er im Internet und alle wiesen auf schönes Wetter schon um die Mittagszeit hin. Das schöne Wetter stellte sich jedoch erst 2 bis 3 Stunden später ein. Nochmals Glück gehabt. Unsere Wanderung begann nämlich kurz nach 14 Uhr.

Wir fuhren über Kandern und Schallsingen und parkierten in der Nähe von Müllheim-Feldberg im Gewann „Egt“. Es ist der untere Teil des Feldweges, der zum Steinenkreuzle führt. Am 29.04.2011 waren wir schon einmal dort. Toni entschloss sich, das Steinenkreuzle nicht zu Beginn, sondern am Schluss unserer Wanderung anzusteuern. Wir wanderten also in umgekehrter Richtung.

Oberhalb von Müllheim-Feldberg kamen wir an Weinreben vorbei. Da konnten wir nicht widerstehen und naschten von den roten und weissen Trauben. Aber nur einzelne Trauben, wir wollten ja nicht die Winzer schädigen. Auf unserem Wanderweg wurden wir mit den Früchten des nahenden Herbstes verwöhnt. Wir konnten unsere Bäuche mit Brombeeren, Walnüssen, Äpfeln, Birnen und Mirabellen voll schlagen. Wir sammelten die Früchte vom Boden auf, nur die Mirabellen pflückten wir von schon abgeernteten Bäumchen. Wir hatten den Eindruck, dass viele Früchte gar nicht geerntet werden. Die fallen von den Bäumen oder verfaulen an den Ästen.

Von den herb schmeckenden Schlehen liessen wir uns nicht verführen. Eine kleine Probe im Mund genügte mir.

Wir genossen noch den schönen Ausblick auf Müllheim-Feldberg, gingen dann linker Hand aufwärts, dann das Gebiet Langfuhren entlang zur Betteleiche.

Von der einst stolzen Eiche ist nur noch ein im Verfall begriffener Stamm, der am Boden liegt, sichtbar. Er war im oberen Bereich vollständig ausgehöhlt. Im geöffneten Stamm waren nicht nur viele Blätter zu sehen, sondern auch ein hellgrüner Metalldeckel, den ein Müllfrevler dort hinein geworfen hatte.

 

Betteleiche

Blick ins Innere der Betteleiche
 

Eine Tafel, die neben dem gefallenen Baum steht, gibt dem Interessierten detaillierte Infos über die Geschichte des Baumes, der am Ende des Dreissigjährigen Kriegs (1648) als Friedenseiche gepflanzt wurde.

Früher soll hier eine keltische Fliehburg gestanden haben. Die Heiden praktizierten an diesem Ort kultische Handlungen. In christlichen Zeiten diente der Platz als Zufluchtsort für das fahrende Volk. Hier traf sich das Bettelvolk.

Auf der Infotafel wird der Name „Betteleiche“ so erklärt: „Den Namen führen die Feldberger auf ihre Erinnerung an die Mauchener Bettelkinder zurück. Anfang des 19. Jahrhunderts, als die Landbevölkerung im Allgemeinen sehr verelendet war, schickten die kinderreichen Mauchener ihre Kleinen nach Gennenbach und Feldberg auf Betteltour. Unter der alten Eiche trafen sich die Kinder, breiteten ihre Schätze aus und tauschten sie untereinander.“

Schon 1813 war der Baum geschädigt. Es wurden dann nach den Befreiungskriegen in der Nähe 3 Linden gepflanzt.

Nach einer kurzen Pause ging es nach Gennenbach, einem kleinen Weiler. Dort sahen wir einige Reiterinnen auf ihren prächtigen Pferden sitzen. Sie waren gerade dabei, loszureiten. 2 Mädchen begrüssten uns sehr freundlich mit einem bezaubernden Lächeln. Man konnte es gar nicht glauben, dass es noch so freundliche Menschen gibt.

Wir mussten dann leider eine kleine Wegstrecke von Gennenbach ausgehend auf einer Landstrasse uns weiter bewegen. Nach vielleicht 20 Minuten erreichten wir eine Anhöhe und gingen dann linker Hand in Richtung „Steinenkreuzle“.

Das Steinenkreuzle ist ein Gedenkstein mit einem eisernen kleinen Kreuz. Von hier oben (434,5 m ü. NN) hatten wir eine schöne Aussicht auf Müllheim-Feldberg, Obereggenen, das Eggenertal und die umliegenden Berge. In der Ferne sahen wir den Blauen mit Blauenhaus, Schloss Bürgeln und die Sausenburg (s. Foto).

 

Obereggenen

Obereggenen

 

Das Eggenertal, das wir in diversen Wanderungen in den Anhöhen umrundeten, ist auf Grund seiner schweren Böden und Lage in der Vorbergzone ein ideales Kirschanbaugebiet.

Hier noch ein Blick in die Geschichte: In der Nähe des Steinenkreuzles ereignete sich 1426 eine Untat. Der Ritter Dietrich von Ratsamhausen, der im Streit mit dem badischen Markgrafen Rudolf III., lag, liess von hier aus das Dorf Feldberg niederbrennen. Zur Erinnerung an diese Untat wurde an der Gemarkungsgrenze Obereggenen und Feldberg ein steineres Sühnekreuz errichtet. Dieses Kreuz war bis Anfang des 19. Jahrhunderts noch vorhanden. Heute kündet ein Findling mit einer Tafel und einem eisernen Kreuz darauf von dieser Brandschatzung.

Nach einer Pause auf der Ruhebank in der Nähe des Steinenkreuzles liessen wir die schöne Landschaft auf uns einwirken. Ein schönes Gefühl.

Dann ging es etwas abwärts in Richtung unseres Parkplatzes.

Noch eine Bemerkung zur Leistungsfähigkeit: Ich überstand die Touren sehr gut. Die Herzfrequenz war bei der 3. Tour höher (max. 124 pro Minute) als bei den Wanderungen 1 und 2 (max. 110 bzw. 116). Aber ich spürte schon den Trainingseffekt, da ich fast jeden Tag in Schopfheim herumlaufe. Mir wurde ja gesagt, dass man dann mit gleicher Herzfrequenz mehr leisten kann.

Die Schlusseinkehr fand übrigens im Gasthaus „Dorfstüble“ in Weitenau statt. Hier konnten wir uns mit Käsesalat und Rösti satt essen und unseren Durst stillen.

Anmerkung: Dies war der 81. Wanderblog. Zu verdanken habe ich dies Walter Hess, der sich sehr für solche Beschreibungen interessierte, und auch selbst gerne wanderte. Mein Dank gilt auch Toni von Lörrach, der immer wieder neue und interessante Wanderungen in petto hat. Die nächste Tour ist schon geplant.

 
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