Textatelier
BLOG vom: 13.08.2013

Rassismus-Theater: Wie Bremgarten seine Unschuld behielt

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
 
 
Die politischen Sitten und Gebräuche werden allmählich kurios: Jeder schnorrt jedem drein. Die politischen Ebenen werden bunt vermischt – als ob man eine Schwarzwäldertorte mit den verschiedenen Lagen zu einem Mus verarbeiten würde. Selbst die nationalstaatlichen Souveränitäten werden ausgehebelt; die Welt hat sich den amerikanischen Herrschaftsansprüchen anzupassen. Und wer nicht willig ist, wird mit den Mitteln der Erpressung, Aushungerung und in besonders hartnäckigen Fällen mit zerstörerischen Kriegen auf den richtigen Weg gezwungen.
 
Dass auch innerhalb der Schweiz ein solches Kompetenzgemauschel stattfindet, kann man am Beispiel des kulissenhaft wirkenden Städtchens Bremgarten AG an der Reuss ablesen, das sich in Bezug auf die Asylantenunterbringung (Bundeszentrum für bis zu 150 Personen im Truppenlager auf dem Waffenplatz) grosszügig zeigte und durch vorbeugende Massnahmen in der landesüblichen Art das Konfliktpotenzial zwischen Asylsuchenden und der einheimischen Bevölkerung gering halten wollte. Bei den in Bremgarten untergebrachten Asylanten handelt es sich um solche, deren Gesuche kaum Aussichten auf Erfolg haben, die aber wegen der betont lässigen Vorgehensweise im Bundesamt für Migration (BfM) lange hingehalten werden.
 
Oprah
Ich nehme an, dass es einer angeblich autonomen Gemeinde erlaubt sein müsste, die Sitten und Gebräuche auf ihrem eigenen Territorium selber zu bestimmen, so lange die Massnahmen nicht gegen übergeordnetes Recht verstossen; das war in Bremgarten zweifellos nicht der Fall. Doch im Moment hat gerade das Wort Rassismus seine erneute Blütezeit, wie damals (und auch noch heute), als Rassendiskriminierung, Kolonialismus und Sklaverei nach US-Muster an der Tagesordnung waren. Solche elende Verhaltensweisen waren und sind durch nichts zu rechtfertigen. Doch heute wird der Rassismusbegriff bei Bagatellen aus der Schublade geholt, überstrapaziert. Er wird bereits dann als Waffe gegen ein Volk eingesetzt, wenn eine schwarzhäutige Narzissin das Gefühl hat, in einer Luxusboutique nicht standesgemäss bedient worden zu sein und eine rechtschaffene Verkäuferin, die ihre Kunden möglichst anständig bedienen will und sich nicht um Promiklatsch kümmert, sie nicht erkannt hat. Die Rede ist hier von der Kundin Oprah Winfrey, milliardenschwerer TV-Megastar aus den USA und ihrem Besuch in Zürich. Sie versuchte nach ihrer Heimkehr in die USA vor ihrem Publikum ihre nachlassende Popularität auf Kosten der Schweiz aufzupeppen, musste aber bald einmal zurückrudern. Themen-Vorschlag an O.: Tierquälerei in den riesigen Krokodilfarmen in den USA.
 
Ein Handtäschchen aus Krokodilleder für 35 000 CHF war das Hauptobjekt im Rahmen des Rassismusvorwurfs, eine lachhafte Sache, welche die verzerrte Welt in den USA treffend illustriert: Rassistische Kriege (z. B. gegen den Islam), eine Mauer gegen die Mexikaner, der Neokolonialismus usf. sind dort keine Themen. Aber das Handtäschchen wurde zum „Täschligate“, zur Pforte der Hölle (the gate of hell) für die Involvierten. Vorübergehend.
 
Und Tourismus Schweiz leistete sich twitternd einen peinlichen Ausrutscher, entschuldigte sich für die voreilig-servile Entschuldigung, welche die Organisation an Oprah gesandt hatte.
 
Bremgarten
In dieser schummrigen Rassismuswolke, in der auch die überflüssige Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) ihr Unwesen treibt, sich an Rassismus-Konstruktionen hochspielend, fand natürlich auch der Fall Bremgarten seinen Ehrenplatz. Selbstverständlich will sich die Kommission unter ihrer neuen Präsidentin Martine Brunschwig Graf an der Asylpolitik und allfällig damit verbundenen Diskriminierungs- und Rassismusproblemen gütlich tun. International dreschten die Systemmedien auf das brave Städtchen ein, als ob Gravierendes passiert wäre. Dabei haben alle Erfahrungen gelehrt, dass gewisse Einschränkungen in der Umgebung von Asylheimen nötig sind – auch im Interesse der Asylanten, die insgesamt die Leidtragenden sind, wenn ihr Ruf von einzelnen unanständigen Asylbewerbern ruiniert ist. „Sensible Zonen“ mit Zutrittsverboten wurden in vielen Gemeinden zusammen mit dem BfM im Rahmen der Hausordnung festgelegt (so in Eigenthal, Alpnach, Nottwil usw.), allerdings nicht gerade zur medialen Sauregurkenzeit ...
 
Diese Zonen sind nicht mit eigentlichen (Rayon-)Verboten belegt, sondern es handelt sich eher um Gebote, damit im Bedarfsfall eine gewisse Ordnung hergestellt werden kann. Dieses Vorgehen war bisher allgemein akzeptiert, bis das Rassismussüppchen aufgetragen wurde und sich Frau Sommaruga der von den Medien verbreiteten Skandalisierung unterwarf. Sie verschwieg ihre eigenen Abmachungen, statt sie zu begründen und dazu zu stehen. Sie liess Bremgarten im Regen stehen, ein feige Art, die nicht eben eine gute Voraussetzung für kommende Asylzentren ist, die wegen der andauernden BfM-Verschleppungstaktiken nötig sein werden.
 
Über Bremgarten entlud sich ein Sturm im Wasserglas, auch aufgrund einer liederlichen Berichterstattung in den linksorientierten Medien. Die Asylbewerber von wichtigen Orten in der Gemeinde wie der Kirche und der Bibliothek fernzuhalten, sei nie die Absicht gewesen, sagte der freisinnige Bremgarter Stadtammann Raymond Tellenbach, ein anständiger Gemeindevater, der allerdings über einen misslungenen Fasnachtsausspruch gestolpert war und sich dafür entschuldigte (Mir stecke die Asylante vo Bärn ids Hallebad ine und muureds dänn zue, dänn hämmer grad dopplet eusi Rueh“).
 
Ihm legte man zudem ein Kommunikationsversagen zur Last, was im Übrigen an den Haaren herbeigezogen war. Es kann doch kein Vergehen sein, wenn sich ein Gemeindepolitiker nicht mit einem PR-Tross umgibt, der sich schönfärberisch und abwiegelnd in Verdrehungskünsten übt, sondern der einfach sagt, wie er es sieht. Laut Tellenbach dürfen die Asylbewerber einzig die Schul- und Sportanlagen (inklusive Schwimmbad) ohne Einwilligung der Behörden nicht betreten, und auch diese Vorschrift gilt nur tagsüber zwischen 7 Uhr und 18 Uhr. Wie in anderen Gemeinden handelte es sich um eine Vorsichtsmassnahme, damit es nicht zu sexuellen Belästigungen von Schülerinnen oder zu Drogenverkäufen durch Asylsuchende kommt“ (Tellenbach).
 
Dem Textatelier.com gegenüber erklärte der Bremgarter Stadtammann ergänzend: „Die Asylsuchenden dürfen in Begleitung (damit ist die Betreuungsgruppe gemeint) die sensiblen Zonen jederzeit betreten. Das war schon immer so angedacht (aber eben, die ausführenden Bestimmungen wurden nie angefragt). Die Begleitung sorgt besonders auch bei Verständigungsproblemen für Hilfe zugunsten der Asylsuchenden.
 
Die Vorsichtsmassnahmen gelten natürlich auch für die bekannten (oben erwähnten, TA) Gründe, aber vor allem, damit der geordnete Schulunterricht nicht gestört wird, beispielsweise durch überlaute Diskussionen vor den Schulzimmern.
 
Weite Kreise, die Ihre Meinung zu ,unserem' Problem äusserten, nahmen sich nicht die Mühe, vor Ort oder bei einem Vertreter der Stadt nach den Hintergründen zu fragen. So auch Abt Werlen (siehe unten, TA). Was besonders auffällt, ist dass die renommierte NZZ auch dazu gehört. Allerdings zolle ich dem guten Abt zu, dass er wohl auch mit einer drängenden Anfrage überrumpelt wurde. Ich habe das selbst erlebt, wie stark Druck ausgeübt wird von Medienleuten, die auf der Suche nach Zitaten sind, welche in ihren bereits vorgefassten Artikel hinein passen."  Soweit Raymont Tellenbach.
 
Zur Entlastung von Bremgarten muss zudem meines Erachtens angefügt werden, dass die Restriktionen zusammen mit dem BfM festgelegt wurden, was Bundesrätin Simonetta Sommaruga nicht hinderte, das Freiämter Städtchen nach ein paar Tagen des Schweigens zu massregeln, eine miese Art obrigkeitlicher Politik, die jedes Vertrauen zerstört. „Grundrechte sind nicht verhandelbar“, sagte die SP-Bundesrätin nach den Verhandlungen mit Bremgarten auf einem Spaziergang populistisch, wohl wissend, dass von der Missachtung solcher Rechte keine Rede sein konnte.
 
Unter solchen Voraussetzungen, die jeder publizistischen und politischen Sorgfaltspflicht spotten, wurde von vielen Seiten die Stimmung gegen Bremgarten aufgeheizt; der Spiegel online” schrieb von Freibad-Rassisten” und vom „Sinnbild einer menschenunwürdigen Asylpolitik“. Und der britische „Independent“ schuf den Begriff von apartheidähnlichen Einschränkungen“ für Flüchtlinge – aus Grossbritannien mit seiner Kolonialgeschichte hat man solche Worte besonders nötig ...
 
Wie beim Täschligate hatte der Fall internationale Dimensionen angenommen; die Gelegenheit, die erfolgreiche, selbstbewusste Schweiz herunterzumachen, wurde nach Leibeskräften genutzt, auch wenn in Bezug auf die Dramatisierung ordentlich nachgeholfen werden musste.
 
Selbstredend wollten auch Linkskreise aus der Schweiz im Konzert mit den vielen Misstönen verstärkend mitwirken. Deshalb ergriff Abt Martin Werlen als prominenter, wenn auch etwas zurückgebundener Vertreter der Heiligen römischen katholischen Kirche das Wort. In der „Schweiz am Sonntag“ kritisierte er das Bremgarter Rayonverbot harsch: „Es gibt keinen Anlass dafür. Wenn jemand nur wegen seiner Herkunft und ohne, dass er irgendetwas verbrochen hätte, ausgeschlossen wird, geht das in Richtung Apartheid.“ Natürlich erwähnte er den Ausschluss der Weiber von den hohen Kirchenämtern in der Katholischen Kirche nicht; von den kulturzerstörerischen Missionierungen bei den Naturvölkern (Heiden!) zur Verbreitung der einzig wahren Religion verlor er kein Sterbenswörtchen.
 
Zur eingangs erwähnten Verluderung politischer Sitten und Gebräuche kamen Verdrehungen, das merkwürdige Bestreben von Linkskreisen, die Schweiz, die überdurchschnittlich viele Flüchtlinge aufnahm, in ein schlechtes, schiefes Licht zu stellen. Die rund 6000 Personen umfassende, ehrenwerte Bevölkerung von Bremgarten wird all dies verkraften. Dort gibt es am Reussufer einen runden Hexenturm, in den man einige PolitikerInnen und RassismusjägerInnen für ein paar Tage einsperren und sie darin zur Besinnung bringen könnte. Man müsste den Turm ja nicht gleich zumauern.
 
Hinweis auf weitere Blogs zum Thema Rassismus
03.09.2005: New Orleans: Katastrophenbewältigung mit Schiessprügeln
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