Textatelier
BLOG vom: 10.06.2013

Aktuelle Ärgernisse: Gentechnik, Drohnen und Hochwasser

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim
 
Mit Inbrunst verwendeten US-Landwirte vor 20 Jahren Pflanzen, die mit Gentechnik resistent gegen Herbizide gemacht waren. Die hocherfreuten Landwirte glaubten den Versprechungen der Agrarkonzerne. Die Vorteile waren verführerisch: Einsparung von Arbeitszeit, Kostenreduzierungen und die Verwendung von weniger Spritzmitteln zur Unkrautbekämpfung.
 
Nun, die Pflanzen sind ja nicht blöd, wie man sagen könnte. Innert 20 Jahren passten sich die Unkräuter (Beikräuter) an und wuchsen wieder kräftig. Die Folge: Die Landwirte mussten wieder vermehrt Spritzmittel einsetzen.
 
Und noch etwas wurde jetzt bekannt. Bei den Gentech-Pflanzen, die ihr eigenes Gift gegen Schädlinge produzieren (Bt-Toxine), wurden die ersten Bt-resistenten Schädlinge gesehen. Aber damit noch nicht genug: Die Bt-Pflanzen werden nun von anderen Schädlingen besucht (Baumwolle: Läuse und Wanzen, Mais: gefrässige Raupe).
 
Die Agrarkonzerne schwingen jetzt die Vernichtungskeule gegen die widerspenstige Natur. Sie wollen die Pflanzen nicht mehr mit einem Insektizid ausrüsten, sondern mit bis zu 6 Giften.
 
Der Europaabgeordnete der Grünen, Martin Häusling, kommentierte dies so: „Es ist absehbar, dass dieser Wettlauf gegen die Natur mit diesen Methoden nicht gewonnen werden kann.“ Da stimme ich ihm voll zu.
 
Am 05.06.2013 wurden in diversen Tageszeitungen Zahlen publiziert, die einen erschauern lassen. In den USA sind 88 % des angebauten Mais und 94 % der Sojabohnen aus gentechnisch veränderter Herstellung auf dem Markt. Es wird immer schwieriger, gentechnisch unveränderte Nahrungsmittel zu bekommen.
 
Und noch eine Zahl, die man schier glauben kann: Von 1996 bis 2011 wurden in den USA 183 Millionen Kilogramm Pestizide versprüht.
 
Laut Angaben des Marktforschungsinstituts Stratus Agri-Marketing hat sich die von Superunkräutern befallene Ackerfläche von 2010 bis 2013 in den USA auf knapp 25 Millionen Hektar nahezu verdoppelt.
 
Es gibt auch erfreuliche Nachrichten: Anfang dieses Jahres zog die BASF den Zulassungsantrag bei der EU für ihre genmanipulierten Kartoffelsorten (Fortuna, Amadea, Modena; welch schöne Namen!) zurück. Nun folgte ein weiterer Rückzug: Sicherlich zähneknirschend gab der Agrarkonzern Monsanto Anfang Juni 2013 bekannt, dass er den Anbau von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln in Europa aufgibt. Der Konzern beklagte die geringe Bereitschaft der Landwirte, da mitzumachen. Auch von Seiten der Verbraucher wehte den Konzernchefs ein kräftiger Wind entgegen. Die Verantwortlichen konnten nicht glauben, dass ein grosser Teil der Bevölkerung sich so bockig anstellt. In den USA und anderen Ländern hatten sie mehr Erfolg (siehe oben).
 
Aber die Genmanipulatoren geben nicht auf. Nun ist der Lachs dran. Die Firma Aqua Bounty Technologies manipulierte das Erbgut von Lachsen und jubelte, als die FDA erklärte, der Verzehr von diesem Lachs sei unbedenklich. Warum diese Manipulation? Nun, der Gentech-Lachs wächst doppelt so schnell wie die natürlichen Artgenossen. Ob dieser Lachs genauso gut schmeckt? Auf jeden Fall würde ich mir keinen solchen Fisch, wahrscheinlich im Anklang an einen Horrorfilm auch Frankenfisch genannt, einverleiben.
 
Es gibt aber auch Leute, wie ein Leser aus Rümmingen (Kreis Lörrach), der die Frage aufstellte, ob Europa rückständig sei. 50 Länder haben den Anbau von gentechnisch veränderten Produkten genehmigt. „Ist Deutschland rückständig, verblendet, fortschrittsfeindlich oder wissenschaftsfeindlich?“ Er betonte, die technisch-wissenschaftliche Revolution habe uns Wohlstand gebracht, und er ist der Meinung, wer Fortschritt verneint, schafft zunächst Unfreiheit und dann Armut.
 
Quellen: „Schrot&Korn“ (2013-06)
 
Das Drohnendesaster
Nicht nur in Deutschland gibt es lebhafte Diskussionen über Nutzen und Gefahren von militärischen Drohnen. Kritiker sprechen von einem automatisierten Krieg. „Sie fürchten eine sinkende Hemmschwelle beim Einsatz von Gewalt, eine neue Rüstungsspirale oder die Gefahr, dass Drohnen irgendwann zu effektiven Terrorwaffe gegen westliche Städte werden“, schrieb Dietmar Ostermann im Leitartikel vom 07.06.2013 in der „Badischen Zeitung“.
 
Der Euro Hawk scheiterte an der komplizierten Zulassung für den deutschen und europäischen Raum. Die Technik ist nicht ausgereift. Die amerikanischen Hersteller sind überzeugt, dass ihre Kampfdrohnen super sind, obwohl diese Drohnen in den USA ganz oben in der Pannen- und Absturztechnik sind. Da keimt in mir der Verdacht auf, dass die USA ihre „lumpige“ Ware unbedingt an den Mann bringen möchte. Das bringt schliesslich jede Menge Geld in die leeren Kassen der US-Industrie.
 
Dann wurde noch das Folgende bekannt: Die US-Luftwaffe gewährte keinen uneingeschränkten Einblick in die Zulassungsunterlagen der Global-Hawk-Drohne.
 
Wer ist schuld an der Pleite? Nun, unser Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) war der Ansicht, seine Mitarbeiter seien an diesem Desaster schuld. Er wurde nicht informiert. Aus diesem Grunde wird der Minister bei uns als „Minister Ahnungslos“ bezeichnet.
 
Ein Leser des „Markgräfler Tagblatts“ forderte am 06.06.2013 den wegen Steuerhinterziehung angeklagten FC Bayern-Präsidenten Uli Hoeness auf, in die Offensive zu gehen und einen Strafantrag gegen den Verteidigungsminister wegen der sinnlosen Vergeudung von Steuergeldern für das Drohnenprojekt zu stellen. „Er sollte jetzt zurücktreten und sich zusammen mit den offenbar nicht zu gebrauchenden Drohnen davon machen“, so der Leser. Aber dies ist nicht so leicht, 61 % der Deutschen halten zu de Maizière; nur 26 % der Befragten wollen seinen Rücktritt.
 
Hochwasser: Wahre Helden unter uns
Das Jahrhunderthochwasser in Teilen von Bayern, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt hat wieder gezeigt, dass man das Hochwasser nicht verhindern, aber dessen Folgen verringern kann. Die Folgen können jedoch abgemildert werden. Beispiel: Grimmas Altstadt ist abgesoffen, während in Eilenburg in Nordsachsen nur minimale Schäden auftraten. Die Eilenburger hatten sich für die Anbringung einer Schutzmauer entschlossen, während in Grimma eine Bürgerinitiative diese „Verschandelung“ ablehnte.
 
Jahrelang forderten Umweltschützer mehr Platz für die Flüsse. Auenwälder sollten nicht gerodet werden, ein Stoppen der Bodenversiegelung wurde gefordert. Und was machten die Politiker? Sie schwangen grosse Reden und forderten eine Zurückverlegung der Deiche. Es gab Einsprüche von Landwirten und Betreibern von Schrebergärten. Man könnte sich ja bei den Bürgern unbeliebt machen, dachten die Politiker. Schon aus diesem Grunde passierte nichts.
 
Der Mensch hat die Katastrophe mitverursacht. Er hat viele Flüsse und Bäche kanalisiert. Überschwemmungsräume wurden nicht geschaffen. Laut Georg Rast, WWF-Referent für Wasserschutz, erklärte, die Elbe habe mehr als 80 % ihrer natürlichen Überflutungsflächen verloren.
 
Am Altrhein hat sich das Poldersystem bewährt. So haben das Kulturwehr Kehl-Strassburg und die Polder Altrhein am vergangenen Wochenende etwa 43 Millionen Kubikmeter Wasser aufgenommen. Die Kapazität aller Anlagen des Integrierten Rheinprogramms (IRP) soll bis zur Fertigstellung 167 Millionen Kubikmeter betragen. Dies betonte der Gewässer-Experte Wolfgang Migenda über den Hochwasserschutz am Rhein (Interview der Zeitschrift „Der Sonntag“ vom 09.06.2013).
 
Ein Leser des „Markgräfler Tagblatts“ vom 07.06.2013 machte seinem Ärger Luft als er auf der Sportseite nach dem Europacupsieg des FC Bayern die Schlagzeile „Die Bayern ,Helden für die Ewigkeit`“ las. Er bemerkte, dass die wahren Helden die vielen freiwilligen Helfer, 70 000 Feuerwehrleute , Sanitäter, TWHler und 11 000 Bundeswehrsoldaten waren, die oft bis zur Erschöpfung Sandsäcke schleppten, Dämme bauten und Menschen retteten. Die Helfer leisteten ehrenamtliche Dienste, „ohne dicke Schlagzeilen und nicht gegen eine Entschädigung in Millionenhöhe, wie sie die erwähnten ,Helden für alle Ewigkeit' vom FC Bayern einkassieren.“
 
Leider gibt es bei solchen Aktionen Gaffer, die fotografieren. Man müsste diesen Leuten einen Sandsack oder eine Schaufel übergeben und sie zur Mithilfe animieren. Die „Sächsische Zeitung“ schrieb über die helfenden Menschen: „In der Not gibt es diese selbstlose Solidarität, die ein Land stark machen kann.“
 
Angela Merkel liess sich auch in einigen Hochwassergebieten sehen. Sie sagte: „Deutschland steht in bewundernswerter Weise zusammen in diesen Tagen – und das soll auch so bleiben.“
 
Mit den Kosten eines Euro Hawks (diese stiegen von 371 auf 662 Millionen Euro) hätte man Hochwassergeschädigte gut unterstützen können.
 
Die neueste Meldung vom 09.06.2013: Unbekannte drohen mit Anschlägen auf Deiche. Im Rundfunk hörte ich, dass sich die Bescheuerten „am Unglück der Deutschen laben wollen“. Was sind das für Menschen! Die haben kein Gefühl, keine Achtung und nur Vernichtung in ihren Gehirnen. Ich bin überzeugt, dass diese Leute noch nie einen Spaten in die Hand genommen haben, um zu arbeiten. Aber wehe, wenn sie selbst betroffen sind, ist der Schrei nach Hilfe gross.
 
 
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