Textatelier
BLOG vom: 25.04.2013

Pannenhilfe – und die niederländische Gastfreundschaft

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Niederrhein D
 
Es sind schon einige Jahre her, seitdem wir die Stadt das letzte Mal besucht haben, in der meine Frau geboren wurde, lange lebte, und in der ich eine Zeitlang studierte und arbeitete. Der Ort heisst Nimwegen in der deutschen Bezeichnung und Nijmegen in der niederländischen, die Römer nannten sie Noviomagus, neuer Markt. Zur Zeit Karls des Grossen, der hier eine Pfalz hatte, hiess der Ort Numaga, woraus sich dann der heutige Name entwickelte.
 
Es ist nicht besonders weit, rund 100 km sind heutzutage bei unseren Strassenverhältnissen gut und schnell zu bewältigen. Wir fuhren bis Venlo, direkt an der Grenze gelegen, und dann auf der Landstrasse entlang der Maas bis Nijmegen, nicht über die neugebaute Autobahnstrecke. Die Landstrasse sind wir häufig gefahren, als die Schwiegereltern noch lebten. Es hatte sich nicht viel verändert – ein paar Neubauten, ein paar Kreisverkehre, wo vorher nur eine Kreuzung war; jetzt gab es kaum Verkehr.
 
Nijmegen war erreicht. Parken ist ein wenig schwierig, wenn man kein Parkhaus benutzen will. In Nijmegen ist das für auswärtige Besucher, die keinen städtischen Parkausweis haben, gar nicht mehr möglich, denn mit Münzen an den Parkuhren zu bezahlen, ist abgeschafft, wie wir feststellen mussten, nachdem wir den Wagen in einer Nebenstrasse nicht weit von der Innenstadt entfernt abgestellt hatten. Also mussten wir, wollten wir nicht eine – in den Niederlanden empfindliche ‒ Geldstrafe in Kauf nehmen, doch ein Parkhaus suchen.
 
Nur – in diesem Fall wurde das Ansinnen zu einem Problem. Der Wagen startete nicht mehr. Der Startmotor „orgelte“, aber die Maschine zündete nicht.
 
Im Ausland eine Autopanne zu bekommen, ist immer unangenehm. Zwar sprechen wir beide die Landessprache, aber es galt, eine Pannenhilfe zu rufen. Der dem ADAC vergleichbare Verein in den Niederlanden ist der ANWB. Es schien, als ob es erforderlich wäre, diesen um Hilfe zu bitten.
 
Wir standen in einer Nebenstrasse, ganz in der Nähe hatte meine Frau einmal gewohnt. Das nicht erfolgreiche Startergeräusch hörte ein Anwohner. Der etwa 50-jährige Mann, der auf der Bildfläche erschien, erinnerte uns an die Zeit der 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts, in der wir hier in der Stadt lebten.
 
Er bot uns an, mittels eines separaten Akkus Starthilfe zu leisten. Aber auch das brachte keinen Erfolg. Als weitere Massnahme wurde mit gemeinsamer Anstrengung das Anschieben des Wagens probiert, ebenso erfolglos. Wir kamen zum Schluss, dass es ohne ANWB nicht gehe. Der Mann bat uns in sein Haus. Vor einigen Jahren waren die Häuser saniert worden; die Fassaden blieben stehen, aber die eigentlichen Häuser wurden neu gebaut.
 
Die Kammer, in die wir eintraten, sah nicht gerade gemütlich aus, ein wenig rummelig. Verschiedene Papiere lagen herum, ein Hometrainer und in einer Ecke Notenblätter mit einem Mikrophon. Kleine Kunstwerke zeigten eine Verbundenheit mit fernöstlichen Ländern, wie Nepal und Indien.
 
Der Mann suchte die Telefonnummer heraus, wählte und übergab uns das Handy. Ich musste alle Angaben machen, neben dem Autokennzeichen meinen Namen und meine Adresse angeben und natürlich den Standort. Man versprach, in etwa 30 Minuten vorbei zu kommen.
 
Der Mann sagte, er müsse jetzt gehen, wir könnten im Wagen oder davor warten, nahm sein Fahrrad, das hinter der Tür stand, liess uns hinausgehen und fuhr davon.
 
Wir waren sehr dankbar. Hilfsbereite und freundliche Menschen tauchen nicht immer genau dann auf, wenn man sie benötigt. In diesem Fall hatten wir Glück.
 
Ich hatte den Einfall, es noch einmal zu versuchen, startete den Wagen – und der Motor sprang an. Vorsichtshalber hatte ich mir die Nummer des ANWB vorher aufschreiben lassen. Wir konnten den Pannendienst abmelden, und es kamen auch keine Kosten auf uns zu.
 
So suchten wir uns ein Parkhaus mitten im Ort und hatten einige Stunden lang nostalgische Gedanken bei unserem Rundgang durch die sehenswerte Stadt mit dem Grossen Marktplatz und dem Waaggebouw, der St. Stevenskerk und den anderen Sehenswürdigkeiten, nicht zuletzt an der Waal, dem südlichsten und grössten Rheinarm im Flussdelta des Rheins. Bekannte Läden gibt es nicht mehr; neue haben sich etabliert, andere fusioniert, so mein damals so beliebtes Antiquariat. Auch in dieser Stadt gibt es den Trend, dass sich grosse Ladenketten breit machen, die man überall in Europa in den Metropolen finden kann. Dennoch, es gibt noch einige Läden, die nur in Nijmegen ihre Waren verkaufen und nirgendwo sonst.
 
Natürlich durften ein Besuch in einem der historischen Cafés in der Stadtmitte und ein „kopje koffie met gebak“ nicht fehlen!
 
Wahrscheinlich war es der Temperaturfühler für das Kühlwasser, der den Dienst versagt hatte, so lange, bis alles ein wenig abgekühlt war. Der Wagen brachte uns ohne Zwischenfälle wieder nach Hause.
 
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