Textatelier
BLOG vom: 05.06.2012

Das verflixte 7. Ehe-Jahr oder: Spuren der Zerrüttung

Autor: Richard G. Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Niederrhein D
 
Mit den Ehescheidungen ist das so eine Sache. Irgendwann einmal wurde diese Metapher vom verflixten 7.Jahr in die Welt gesetzt, und damit stand fest, dass das 7. Jahr einer Ehe das schwierigste sei, und wenn man es überstanden habe, halte die Ehe.
 
Zuerst einmal: In der heutigen Zeit muss man von anderen Voraussetzungen ausgehen wie noch vor 40 oder 50 Jahren. Damals wurde das Zusammenleben unverheirateter Paare sogar noch durch das „Kuppeleigesetz“ untersagt. Erst Anfang der 1970er-Jahre wurde das Gesetz nur noch auf Unter-16-Jährige angewandt.
 
Das Zusammenleben von Paaren vor der Ehe, quasi „zum Ausprobieren“, ist nicht ungewöhnlich und kann mehrere Jahre dauern, bis der „Bund fürs Leben“ geschlossen wird.
 
Wie wird das dann gerechnet? Zählt die Zeit des Zusammenlebens vor der Ehe mit? Statistisch gesehen nicht. Laut Statistik werden die Ehen im Durchschnitt nach 11 Jahren geschieden, das Lebensalter der Ehepaare zum Zeitpunkt der Scheidung bewegt sich im Durchschnitt bei 40–45 Jahren. Das sind natürlich statistische Werte, Scheidungen kommen in jedem Jahr der Ehe vor, und  es gibt Meldungen von über 90-Jährigen, die sich noch scheiden lassen. Aber: die Zahlen bestätigen nicht das „verflixte 7. Jahr“.
 
Eine Ehe gilt als gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft abgebrochen wurde und eine Wiederherstellung nicht mehr zu erwarten ist. Indizien für das Scheitern der Ehe sind: Die Dauer des Getrenntlebens; die unumstössliche Absicht eines oder beider Ehegatten zur Ehescheidung; die Ehegatten sprechen nicht mehr miteinander; der Geschlechtsverkehr wurde eingestellt; eine ernsthafte und dauerhafte Verbindung mit einem anderen Partner besteht.
 
In der Schweiz wird bei Scheidungsbegehren vom Richter der freie Wille und die reifliche Überlegung geprüft, die sogenannte faktische Zerrüttung nicht.
 
In Deutschland wird zwar von Zerrüttung ausgegangen. Sie wird aber nicht geprüft, wenn die Ehegatten mehr als ein Jahr getrennt lebten, und nach 3 Jahren getrenntem Leben kann die Ehe geschieden werden, auch wenn nur ein Ehepartner die Scheidung verlangt.
 
In Österreich kommt es auch auf Zerrüttung an, auch wenn sie nicht immer nachgeprüft wird.
 
Das Scheidungsrecht in den genannten 3 Ländern ist damit allerdings nur sehr unvollständig umrissen und soll auch hier nicht in Gänze ausgebreitet werden. Mich interessiert dabei vor allem der Begriff „Zerrüttung“.
 
Was heisst Zerrüttung?
Als Indizien für Zerrüttung werden aufgeführt:
- Unvereinbarkeit der Charaktere,
- anderweitige dauerhafte Partnerverbindung (OLG Frankfurt, FamRZ 77, S. 810),
- Homosexualität (OLG Hamm, FamRZ 1978, S. 190)
- dauerhafte Lieblosigkeit, Misshandlungen, strafbare Handlungen, Trunksucht, Vernachlässigung des Haushalts und der Kinder, Hass gegen nicht gemeinsame Kinder des Ehegatten (BGH NJW 1978, S. 1810).
                        
Eine Zerrüttung ist die Zerstörung durch Erschütterung, also im allgemeinen Sprachgebrauch der Abbruch, der Abbau, die Demontage, die Zerlegung, die Zertrümmerung usw. Das alles erinnert u. a. auch an Auswirkungen eines grösseren Erdbebens oder an den Abbruch eines Gebäudes. Es stimmt: Der Wiederaufbau nach so einer Zerrüttung ist nur schwer zu bewerkstelligen oder überhaupt nicht möglich. Allerdings passt dann der Begriff nicht so richtig, denn wenn man von dieser Definition ausgeht, handelt es sich, besonders beim Erdbeben, um ein plötzliches, unerwartetes, aber auch beim Abbruch um ein kurzzeitiges, heftiges Ereignis, und das ist ein Scheitern einer Ehe in der Regel nicht, sondern es entwickelt sich, oft eben über die Jahre hinweg. Vielleicht wird es ja im „verflixten 7. Jahr“ den Ehepartnern so richtig bewusst, dass sie nicht zusammenpassen, und es dauert dann noch ein paar Jahre bis zur endgültigen Konsequenz der Scheidung.
 
Den folgenden Text finden Sie im Internet auf verschiedenen Websites: 
Gespräch zwischen Mann und Frau vor der Hochzeit
Er: „Na endlich, ich habe schon so lange gewartet.“
Sie: „Möchtest du, dass ich gehe?“
Er: „Nein! Wie kommst du darauf? Schon die Vorstellung ist schrecklich für mich!“
Sie: „Liebst du mich?“
Er: „Natürlich! Zu jeder Tages- und Nachtzeit!“
Sie: „Hast du mich jemals betrogen?“
Er: „Nein! Niemals! Warum fragst du das?“
Sie: „Willst du mich küssen?“
Er: „Ja, jedes Mal, wenn ich Gelegenheit dazu habe!“
Sie: „Würdest du mich jemals schlagen?“
Er: „Bist du wahnsinnig? Du weisst doch, wie ich bin!“
Sie: „Kann ich dir voll vertrauen?“
Er: „Ja.“
Sie: „Schatzilein!“  
Soweit das Geturtel der beiden vor der Hochzeit!
 
Und jetzt lesen Sie den Text bitte von unten nach oben für die Zeit 7 Jahre nach der Hochzeit!
 
Für diesen Fall passt die obige Überlegung mit dem Abwarten wohl nicht!
 
Quellen
 
Hinweis auf weitere Blogs zum Eheleben
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse
Hermann-Löns-Grab im Wacholderhain
Lüneburger Heide: Salzsau und Heidschnucken
Kutschenmuseum in Wiechs ist ein Schmuckstück
Canna verleihen einen Hauch karibisches Flair
Artenreiche Streuobstwiesen stark gefährdet
Liebe zu den Kräutern in die Wiege gelegt
Eine Hütte mit Fleischsuppe im Namen
Rätsel um die Russenbänke in Präg gelöst
Altes Giftbuch entdeckt – Wurde Mozart vergiftet?