Textatelier
BLOG vom: 07.06.2012

Sardinienurlaub 1: Küche, Flaschenputzer, Wandelröschen

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
„Erträumte Ferien sind die schönsten.“
(Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller aus London)
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„Reisen sind das beste Mittel zur Selbstbildung.“
(Karl Julius Weber)
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„Aufenthalt in fremdem Land, mehrt und kräftigt den Verstand.“
(Aus Spanien)
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„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen.“
(Mathias Claudius)
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In diesem Jahr verbrachten wir unseren Urlaub (21.05.–27.05.2012) auf Sardinien, der zweitgrössten Insel Italiens. „Die Insel ist zwar schön, aber teuer“, oder „Eine Reise lohnt sich auf jeden Fall, da die Inselschönheit eine unglaublich vielfältige Landschaft bietet“, hörte ich schon im Vorfeld von Bekannten. Unsere Vorfreude auf das für uns unbekannte Sardinien wurde beim Studium von Reiseführern noch gesteigert.
 
Wir hatten in unserem Reisebüro bei TUI das „Hotel de Palme“ in Liscia di Vacca in der Nähe von Porto Cervo an der 20  km langen Costa Smeralda (Smaragdküste) auserkoren und dann gebucht.
 
Am 21.05.2012 fuhr uns unser Schwiegersohn Domenico nach Zürich-Kloten zum Flughafen. Nach den Formalitäten und Sicherheitsüberprüfungen bestiegen wir den Airbus A 319. Der 1 Stunde und 20 Minuten dauernde Flug nach Olbia im Norden von Sardinien verlief ohne Zwischenfälle, nur ab und zu spürten wir Windböen und ein kleines Luftloch.
 
Während des Flugs studierte ich die Sicherheitsvorschriften und die Infos zum Flugzeug. Der Airbus A 319 mit einem Startgewicht von 75 t fliegt mit seinen 150 Passagieren in einer Höhe von 12 130 Metern mit einer Geschwindigkeit von 840 km/h. Der Kerosinverbrauch liegt bei 2600 l/h. Erfreulich war für mich die nicht zu enge Bestuhlung, so dass man die Füsse gut ausstrecken konnte.
 
Bei der Ankunft in Olbia regnete es, wodurch meine Vorfreude auf den Urlaub etwas gedämpft wurde. „Verflixt, da kommen wir aus dem sonnigen Zürich in ein Regengebiet. Da hätten wir auch gleich zu Hause bleiben können“, dachte ich laut. Paula beruhigte mich, und sie gab die Hoffnung auf sonnige Tage nicht auf. Sie sollte Recht behalten.
 
Wir wurden gleich nach der Gepäckausgabe von der TUI-Reiseleitung begrüsst, und da wir die einzigen TUI-Gäste, die das „Hotel le Palme“ ansteuerten, waren, wurden wir per Variant innert 45 Minuten dorthin befördert. Das war uns sehr angenehm. Bei anderen Reisen mussten wir immer in einen Bus steigen, der vielleicht 30 oder mehr Gäste in die verschiedensten Hotels kutschierte, wodurch der Transfer sehr lange dauerte.
 
Nach dem Bezug des Doppelzimmers mit der Nummer 307 und dem Auspacken der Klamotten machten wir uns auf den Weg, die Hotelanlage zu erkunden. Wegen des Regens an diesem Nachmittag verzichteten wir zunächst auf die Erkundung der Umgebung. Dies wollten wir am anderen Tag nachholen. Insgesamt hatten wir 3 halbe Tage Regen.
 
Das 4-Sterne-Hotel, das im Stil eines mediterranen Dorfs mit künstlich angelegter Wasserlandschaft mit Kanälen und Holzstegen 1993 eröffnet wurde, machte auf uns einen zauberhaften Eindruck. So könnte ein Palast in einem Märchen aus 1001-Nacht oder in einer bescheidenen Unterkunft eines Scheichs gewesen sein. Schon in der Eingangshalle waren 4 blaue Säulen mit einer darum befindlichen 4-teiligen Sitzbank aus blauen, gelben, braunen Fliesen in Rautenmustern auf  Sitz- und Rückenfläche sichtbar. Im Inneren des Vierecks wuchsen Zimmerpalmen hervor. Natürlich gab es rechts vom Eingang bequeme Polstersessel und Tische. Links vom Eingang befand sich die Rezeption.
 
Der Weg zum Restaurant führte einen Stock tiefer über eine nach unten sich verbreiternde Marmortreppe, mit 2 verzierten schmiedeeisernen Gitter versehen. Die Treppe war von 4 mit Blumengirlanden verzierten Marmorsäulen eingerahmt. Am Ende der imposanten Treppe befanden sich Zimmerpalmen. Ich dachte mir bei dem folgenden abendlichen Hinunterschreiten zum Restaurant, jeden Augenblick könnte hier auch ein Scheich mit seinen Frauen auftauchen. Aber auch für die Bloggerprominenz war dies ein Höhepunkt. Unter www.hotellepalmeportocervo.it können Sie sich einen Eindruck verschaffen.
 
Nach dieser Abschweifung zurück zu unserem geräumigen Zimmer mit seitlichem Meerblick: Trotz des Regenwetters wagten wir uns auf den Balkon mit den 3 Korbsesseln und einem Tisch und blickten in eine Traumlandschaft hinaus. Unter uns befanden sich der Swimmingpool, der mit grossen Palmen eingerahmt ist, eine Art Whirlpool mit kräftig sprudelndem Wasser, und ein grossräumiger, grandios angelegter Garten, der bis zum kleinen Strand heranreichte. Einfach traumhaft! Das Bild hielt ich in einem Foto fest. Dasselbe Foto machte ich am nächsten Tag bei Sonnenschein. Dabei stieg meine Laune gewaltig in die Höhe. Bei Sonnenschein war der Anblick noch phantastischer und märchenhafter.
 
Am Anreisetag um 18.30 Uhr wurden wir von Frauke Besse, der Betreuerin von TUI, begrüsst, und erhielten von ihr wichtige Informationen zum Hotel, zu Land und Leuten sowie über die Ausflugsmöglichkeiten. Es war eine sehr angeregte Unterhaltung. Wir buchten ein Ausflug mit einer Schmalspurbahn, die uns ins Landesinnere führen sollte, dann eine Schiffsreise in den Maddalena-Archipel. Darüber werde ich später berichten.
 
Als ich Frau Besse wegen des Regens ansprach, tröstete sie uns und sagte: „In der Regel regnet es nur einen Tag, dann herrscht wieder Sonnenschein.“ Sie fügte jedoch bei, dass es in diesem Jahr etwas anders sein könnte. Auf jeden Fall lagen die Temperaturen im Mai 2012 um 10 °C niedriger als in den vergangenen Jahren.
 
Auf Grund der windigen und regnerischen Witterung wurde die Schifffahrt zum Arcipelago della Maddalena vom Dienstag auf Freitag verschoben. Die Betreuung durch TUI war exzellent, und die Fahrten liessen keine Wünsche offen.
 
Vorzügliche sardische Küche
Sardiniens Küche geniesst einen hervorragenden Ruf. Davon konnten wir uns bei den jeweiligen Abendessen (Cena) im Hotel überzeugen. Das 4-Gang-Menü war vom Feinsten. Wir assen als Vorspeise (Antipasto) verschiedene Salate, Vorspeisen mit Käse (Pecorino = Schafskäse, Caprino = Ziegenkäse) und Schwertfischcarpaccio. Die feinen Schwertfischscheiben waren vorgedämpft und mit Öl und Essig angerichtet.
 
Der erste Gang (Primo Piatto) bestand aus einem Nudelgericht, einer Suppe oder einem Wurstarrangement (Salsiccia). Beim zweiten Gang (Secondo Piatto) wurde wahlweise Fisch, Fleisch oder Risotto gereicht. Ich ass mich mit den verschiedenen Fischgerichten satt. Es gab Goldbrasse, Thunfisch, Seeteufel, Schwertfisch und Garnelen. Paula bevorzugte Fleisch- und Pastaspeisen. Ein Höhepunkt des Essens waren die verschiedenen Desserts (Dolci). Der Meister der Küche fertigte Pudding in Kuchenform und verschiedene feine Kuchen und Torten an. Ferner gab es Eis oder Obst.
 
Zu Beginn des Abendessens wurde ein Pane Carasau, das hauchdünne Brot der sardischen Hirten, aufgetragen. Das Pana Carasau wird zweimal in einem heissen Holzofen bei 300 °C gebacken.
 
Und das war nicht die einzige Brotsorte: Es gab noch viel, viel mehr, stets frisch gebacken, und man konnte soviel Brot und Brötchen haben, wie man wollte.
 
Die sardische Küche zeichnet sich durch Frische und Güte der Zutaten aus. Die einfachen Rezepte, die natürlich von den jeweiligen Küchenchefs verfeinert oder abgeändert werden, versprachen ein sinnliches Vergnügen.
 
Auf Sardinien gibt es Spitzenweine, aber auch sehr gute Tafelweine. Wir gönnten uns zu den Speisen sardische Rotweine. Darunter befand sich ein Barriu IGT Isola de Nuraghi von 2005 für 40 Euro. IGT bedeutet Indicazione Geografica Tipica. Es sind Weine aus kleinen, genau definierten Anbauflächen.
 
Das Frühstücksbuffet war ebenfalls vorzüglich. Für jeden Geschmack war ein reichliches Angebot vorhanden. Deshalb assen wir uns so satt, dass wir bis zum Nachmittag keinen Hunger verspürten. Wir genossen jedoch an den Nachmittagen immer einen Capuccino oder einen Espresso.
 
Das Personal des Hotels war aufmerksam und freundlich. Wir wurden schon morgens sehr fröhlich begrüsst, zum Tisch geleitet, und der Wunsch nach Kaffee wurde sofort erfüllt. Auch am Abend begrüssten uns die Angestellten sehr nett, obschon alle den Tag über gearbeitet hatten. Mit den meisten konnte man sich in Deutsch unterhalten. Hier war im wahrsten Sinne des Wortes der Gast König.
 
Auch unser Zimmer wurde immer tipptopp hergerichtet; Paula vermisst zu Hause diesen Service; sie leistet ihn jetzt wieder selbst.
 
Farbenpracht der Natur
Am 2. Tag unternahmen wir in der näheren Umgebung eine Exkursion. Es ist nicht alles eben, sondern die Strasse steigt an. Bald geht es wieder abwärts, und die Gehwege sind schmal. Wir liefen häufig auf der Strasse, näherte sich ein Auto, huschten wir auf den Gehweg. Die meisten Häuser sind aus sardischen Granitsteinen erbaut. Auch die Türen zu den jeweiligen Gärten sind mit 2 Granitbrocken verziert. Sogar das teuerste Hotel in der Gegend, das Pitrizza, das gegenüber unserem Hotel liegt, hat aus Granitsteinen erbaute Flachbungalows.
 
Während unserer Exkursion und auch später bei den Ausflügen nahm ich die mediterrane Flora genauer unter die Lupe und fotografierte die schönsten Blumen. Bei der Identifizierung half mir anhand von meinen Fotos Christina Aneris, die freundliche Dame an der Rezeption. Sie sprach sehr gut Deutsch, kein Wunder, ihre Mutter ist Deutsche und ihr Vater Italiener.
 
Wir sahen eine rot leuchtende Klatschmohnwiese, dann blühende Olivenbäume, die Wilde Möhre, Granatapfelblüten und die Kaktusfeige. Einige der mediterranen Pflanzen werde ich jetzt vorstellen:
 
Bougainvillea (Bougainville oder Drillingsblume): Diese schöne Zierpflanze sahen wir oft auf Balkonen, in Vorgärten oder, überhängend, auf Zäunen und Mauern. Die zu den Wunderblumengewächsen zählende Pflanze wurde nach dem französischen Seefahrer, Entdecker und Schriftsteller Louis Antoine de Bougainville (1729‒1811) benannt. Von dieser Pflanze gibt es 18 Arten.
 
Callistemon: Als ich die roten Blüten, die in zylinderförmigen Blütenständen zum ersten Mal im Garten des Hotels und auch in privaten Gärten sah, dachte ich spontan an einen Flaschenputzer. Die aus Australien stammende Zierpflanze wird jedoch Zylinder- oder Pfeifenputzer genannt. Die nektarreichen Blüten werden nicht von Bienen, sondern von Vögeln bestäubt.
 
Gazanien: Die Gazanie, auch Mittagsgold, Mittagsblume oder Sonnentaler genannt, gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae). Die Pflanzen zeichnen sich durch eine Reichhaltigkeit der Farben aus. Auf einer Wiese in der Nähe unseres Hotels entdeckte ich eine Fülle von Blumen in den verschiedensten Farben. Eine wahre Pracht.
 
Der Name wurde zu Ehren von Theodorus Gaza (1400−1475), der botanische Werke von Theophrastos von Eresos vom Griechischen ins Lateinische übersetzte, gewählt.
 
Lantana camara: Bei unseren Streifzügen sahen wir am Rand einer Strasse eine Zierpflanze, die aus einer seitlichen Mauer hervor wuchs. Die Einzelblüten an einem Blütenstand waren gelb und rosafarben. An einer anderen Stelle entdeckten wir rötliche bis violette Blüten. Es handelte sich hier um das Wandelröschen, das zu den Eisenkrautgewächsen gehört. Der Name kommt wahrscheinlich daher, dass sich die Blütenfarbe immer wieder ändert. Trotz Schönheit der Pflanze muss man darauf hinweisen, dass die ganze Pflanze giftig ist. Besonders die reifen und unreifen Steinfrüchte haben es in sich. Lantana camara ist die giftigste Art der Gattung. Die Symptome sind ähnlich wie bei der Tollkirschenvergiftung.
 
Oleander (Nerium oleander): Diese zu den Hundsgiftgewächsen (Apocyanaceae) gehörende Pflanze sahen wir reichlich an den Wegrändern des Hotelgartens. Die immergrüne Pflanze mit den weissen, gelblichen oder rosa bis violetten Blüten ist giftig. Der Oleander enthält in allen Teilen das herzwirksame Glykosid Oleandrin.
 
Strelitzien: Diese wunderschöne Pflanze wird auch Paradiesvogelblume (Strelitzia reginae) bezeichnet. Die Strelitzien lernte ich schon auf Gran Canaria kennen. Im Garten des Hotels war nur ein Busch vorhanden. Die Pflanze wurde zu Ehren der britischen Königin Charlotte, einer geborenen Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz, benannt. Sie war die Gemahlin Königs Georg III. Warum gerade diese Namensgebung? Es war nämlich Joseph Banks, Leiter des Botanischen Gartens von London, der Exemplare nach England brachte.
 
Granatapfel oder Grenadine (Punica granatum): In einem Privatgarten in Baia Sardinia siegte meine Neugier. Ich blickte hinein und sah in der Nähe des Zaunes ein Granatapfelbäumchen mit schönen Blüten und Knospen. Ich brauchte den Zaun nicht übersteigen, sondern konnte von der Strasse aus die Blüte fotografieren.
 
Die Verwendung ist vielfältig: In Indien wird der Granatapfel als Gewürz verwendet. Zum Färben von Orientteppichen kamen die Schale und der Saft als Färbemittel zur Anwendung. Im Mittelalter diente die gekochte Schale als Wurmmittel. Auf der Karibikinsel Grenada wird der Grenadinensirup verschiedenen Cocktails zugefügt. Es gibt auch einen Granatapfelwein, der insbesondere von Armenien und Israel exportiert wird. Auch in der Küche hielt der Granatapfel Einzug: Der Granatapfel eignet sich nämlich gut als Beilage zu Wild- und Geflügelgerichten oder in Obstsalaten.
 
Die Frucht enthält antioxidative Schutzstoffe (Polyphenole) für die Gesunderhaltung der körpereigenen Abwehr, der Zellen, der Gefässe und des Herz-Kreislauf-Systems. Bei uns in den Reformhäusern gibt es von Schoenenberger einen Press-Saft aus frischen Granatäpfeln in Bioqualität aus Italien (zwischen Apennin und Adria).
 
Feigenkaktus: Der Feigenkaktus ist auf Sardinien weit verbreitet. Über diesen Kaktus und seine Früchte habe ich bereits in einem Blog am 20.12.2010 berichtet: Feigenkaktus-Früchte: Energiespender und Radikalfänger.
 
Fortsetzung folgt.
 
Internet
http://de.wikipedia.org (Infos zu den mediterranen Pflanzen)
www.chefkoch.de (Rezept für das Fladenbrot „Carta di Musica“)
 
Hinweis auf weitere Blogs über Urlaubs-Reisen von Heinz Scholz
 
 
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