Textatelier
BLOG vom: 15.02.2010

Schneeräumen: Schneeschippen-Duelle unter Nachbarn

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Der schneereiche Winter, der sich besonders im Januar und Februar 2010 bemerkbar machte, brachte unter Nachbarn so manches Duell. Früher gingen die Ritter mit Lanzen aufeinander los, oder so mancher Adelige konnte Meinungsverschiedenheiten nur mit der Pistole in Duellen aus dem Wege räumen.
 
Heute gibt es ganz andere Duelle: Es sind sogenannte potenzgeschwängerte Männer mit ihren PS-starken Autos, die angeblich Schwächere in die Schranken verweisen oder hinter sich lassen. Da kommt Befriedigung auf. Ich habe auch schon erlebt, dass Fahrer, die in den kleinen Smart-Autos sassen und langsam fahrende Mercedes und Audis auf der Autobahn mit stolz geschwellter Brust überholten. „Ich bin schneller, Du Langweiler“, wird manch ein PS-unterlegener „Rasender“ vor sich hin gemurmelt haben. Die Überholten mit ihren stärkeren Wagen, die ja umweltfreundlich fahren möchten, schmunzeln nur so, wenn ein Möchtegern-Rennfahrer sie überholt.
 
Aber es gibt ganz andere Duelle, nämlich solche, die im Winter ausgetragen werden. Da treten unzählige Männer und auch einige Frauen mit Schneeschaufeln bewaffnet vor ihre Häuser und sind damit beschäftigt, die weise Pracht zu entfernen. Wehe, wenn ein Nachbar zur selben Zeit schaufelt und den Schnee auf einen Haufen vor dem Grundstück des Nachbarn ablädt. Dann wird der Betroffene zum Berserker und es kommt die Schneeschippe ins Schwingen. 3 Beispiele, die von dpa am 14. und 15.02.2010 publiziert wurden, sollen solche Vorkommnisse demonstrieren:
 
Im niedersächsischen Einbeck waren eine 58-jährige Frau und ein 70 Jahre alter Mann tüchtig beim Schneeschippen. Der böse Nachbar hatte Schnee gegen die Wand der Nachbarin geworfen. Da drehte die Frau durch, sie schwang die Schippe, aber auch der Mann, der stärker war. Die Frau bekam einen Schlag ab und musste sich wegen Verdachts auf Gehirnerschütterung behandeln lassen.
 
In Neurofen (Ortsteil von Stechlin, Brandenburg D) schlug eine 40-jährige Frau mit dem Stil ihres Schneeschiebers auf die Hand eines 46-jährigen Nachbarn. Der Mann wollte nicht zurückschlagen, sondern schubste die Frau in den Schnee und seifte sie gründlich ein. Dabei kam Freude beim Mann auf, und die Frau hatte ein gut gefärbtes Gesicht. Die Streitenten verstanden keinen Spass, sie zeigten sich gegenseitig an.
 
In Enkenbach-Alsenborn (Rheinland-Pfalz D) kam es wegen einer Schneeschieberei zu einem Disput unter Nachbarn. Ein 46-Jähriger hatte den Schnee gegen die Hauswand des Kontrahenten geschoben. Es entwickelte sich ein Duell der besonderen Art: Der 65 Jahre alte Anwohner schwang seine Schneeschaufel gegen den Kopf des Kontrahenten. Der Geschlagene wehrte die folgenden Schläge mit seiner Schaufel ab.
 
Diese Begebenheit wurde auch in einer RTL-Nachrichtensendung am 14.02.2010 gezeigt. Da sah man die verbogene Schaufel des Angegriffenen. Der andere versteckte die Schaufel schamhaft hinter seinem Rücken und murmelte etwas vor sich hin.
 
Ich frage mich immer wieder bei solchen Duellen unter Nachbarn, ob sie ihre Gehirne wohl eingeschaltet hatten. Wer ein bisschen nachdenkt, wird seinen Schnee richtig deponieren und seinen Nachbarn nicht provozieren. Bei solchen Duellen grassiert die Dummheit. Dazu ein passender Spruch aus Berlin: „Dummheit ist ooch ne Jabe Gottes, aber man darf ihr nich missbrauchen.“
 
Es scheint mir, dass heute immer mehr Menschen ein schwaches Nervenkostüm haben und ihre Gereiztheit an anderen auslassen. Es muss also nicht immer Alkohol im Spiel sein.
 
Mit dem Schneeräumen auf unserem Pkw-Abstellplatz vor dem Haus hatten wir diesbezüglich noch keine Probleme. Da wird sorgfältig geschippt und der Schnee auf einen Haufen an einer Ecke oder auf der Seite, wo sich eine Hecke befindet, deponiert. Manchmal bei guter Laune schippte ich auch etwas Schnee neben dem Auto des Nachbarn weg.
 
Winterdienst im Vertrag?
Streitereien gibt es auch unter Vermietern, die Gehwege vor dem Haus von Schnee befreien müssen. In der Regel ist es so, dass im Mietvertrag oder in der Hausordnung das Schneeräumen geregelt ist. Ärger gibt es dann, wenn die Pflichten unterschiedlich vertraglich festgelegt sind. So kann es durchaus vorkommen, dass die einen Mieter von der Räumpflicht befreit sind (also diese nicht vertraglich geregelt ist) und andere, später hinzugezogene Mieter, zum Winterdienst verdonnert wurden.
 
Sollte nichts vertraglich vereinbart worden sein, dann hat der Vermieter die Räumpflicht. Dasselbe gilt für leere Wohnungen. Da ist auch der Besitzer der Wohnungen zum Winterdienst verpflichtet.
 
Körperliche eingeschränkte Ältere oder kranke Mieter sind zwar vom Winterdienst befreit, müssen aber für eine Vertretung sorgen. Sie dürfen nicht hoffen, dass ein lieber Nachbar die Schneeschipperei oder das Streuen von Salz, Sand oder Splitt bei Glatteis übernimmt.
 
Bei uns in Deutschland ist von 7 bis 20 Uhr bei Dauerschneefall das Schneeräumen angesagt.
 
Wenn ein Passant auf dem nicht gestreuten Weg vor dem Haus stürzt und sich verletzt, dann kann es sehr teuer werden. Der Gestürzte kann dann Schadenersatz verlangen.
 
Wir haben unsere Streupflichten elegant gelöst: Wir übergaben die Treppenhausreinigung und das Streuen und Schneeräumen einem Hausmeisterdienst (nur auf dem Pkw-Abstellplatz ist jeder selbst verantwortlich).
 
Da dieser Dienst nicht immer parat ist und wenn es tagsüber ununterbrochen schneit, greifen einige der Hausbewohner und auch ich freiwillig zur Schippe und los geht es mit dem Muskeltraining an der frischen Luft. „Da kommt ihr gehörig ins Schwitzen, da braucht ihr keine Wanderung“, meinte eine Nachbarin zu den Wanderfreunden des Hauses süffisant lächelnd. Wir räumen und wandern trotzdem!
 
Infos im Internet
 
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