Textatelier
BLOG vom: 13.03.2008

Die Tücken der Technik: Der geheimnisvolle Telefonanruf

Autorin: Rita Lorenzetti, Zürich
 
Wir sassen nach dem Mittagessen in der Stube, als das Telefon läutete. Ich meldete mich. Es antwortete mir niemand. Es raschelte. Dann hörte ich Frauenstimmen, einmal von nahe, dann wieder entfernt. Ich verstand einzelne Worte, zum Beispiel Reuss und Rhein, beides Namen von Flüssen, die in der Schweiz beheimatet sind.
 
Ich hörte längere Zeit zu, um herauszufinden, was sich hier abspiele. Ich stellte mir dann vor, dass ich in einer diskutierenden Frauenrunde angekommen war. Eine Stimme kam mir bekannt vor. Ich übergab Primo das Telefon und fragte ihn, ob das nicht Erikas Stimme sei. Könnte sein!
 
Am Abend rief ich sie dann an. Sie ist eine meiner Cousinen mütterlicherseits. Eine sozial engagierte Frau, die in ihrem Dorf viel bewirkt hat. Auf sie könnte also ein Gespräch, wie ich es von weit her mitverfolgt habe, zutreffen. Ich wollte wissen: „Hattest du heute ein Gespräch mit Frauen, in dem die Flüsse der Schweiz ein Thema waren?“  „Nein!“ sagte sie mit ihrer starken Stimme. „Ich habe meiner Enkelin bei den Schulaufgaben geholfen. Wir beschäftigten uns mit dem Quellgebiet der Flüsse.“ Der Zeitpunkt, als bei mir das Telefon geläutet hatte, passte exakt in den Zeitraum dieser Aufgabenhilfe hinein.
 
Weiter erfuhr ich, dass Erikas Natel in der Mitte des Tisches gelegen habe, an dem gearbeitet wurde. Ja, sie hätte vorher noch ein Telefongespräch mit ihrem Sohn geführt. Und vermutlich jene Taste nicht gedrückt, die das Gespräch definitiv abbricht.
 
Ja, auf dem Tisch hätten sich verschiedene Bücher und Hefte befunden, hörte ich weiter. Vielleicht wurde beim Umblättern eines schweren Buches unbemerkt die Anruftaste gedrückt. Alles Vermutungen, die wir erklären konnten. Was aber ein Geheimnis bleibt ist die Tatsache, dass Erika versichert, meine Telefon-Nummer noch nie gespeichert zu haben.
 
Und jetzt hoffe ich nur, dass ich meine eigenen Telefongespräche korrekt beende. Seit vorgestern besitze ich ein neues Telefongerät. Dieses befindet sich noch im Stadium des „Ersten Ladens und Entladens des Akkus“ und soll deshalb noch nicht in die Station zurückgelegt werden.
 
Mache ich etwas falsch, könnte sich jemand in meine Stube verirren. Vorsorglich deponiere ich es also in einem ruhigen Zimmer, wo keine Hausaufgaben erledigt werden.
 
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