Textatelier
BLOG vom: 07.08.2006

Verlierer-Taktik: Die unerträgliche Arroganz der Bombenwerfer

Autor: Walter Hess
 
Die Bilder waren während Jahren in den Medien zu sehen: Steine werfende palästinensische Kinder neben schweren israelischen Panzern. Die arabischen Länder haben keine nennenswerten Armeen, Israel aber ist eine Atommacht, auch wenn man das während Jahren nicht sagen durfte, und hat eine der schlagkräftigsten Armeen nach US-Muster. Vor allem bei flächendeckenden Bombardements auch mit geächteten Waffen sind die USA und Israel stark.
 
Libanon: Der Sieg der Unterlegenen
Israel ist es gelungen, binnen weniger Tage einen grossen Teil der libanesischen Infrastruktur zu vernichten (zusammen mit unzähligen Zivilpersonen, grossenteils Kindern) und etwa einen Viertel der libanesischen Bevölkerung nicht nur in die Flucht zu treiben, sondern auch gerade noch zu verhindern, dass deren Elend durch Hilfsaktionen gemildert werden kann. Selbst Versorgungsrouten, die „Nabelschnur“ nach Syrien, und Hilfskonvois wurden und werden bombardiert. Und 27 Landarbeiter wurden beim Einbringen der Ernte erschossen. Das Meer als eine der Nahrungsgrundlagen wurde durch das Bombardement von Heizöltanks verseucht. Es fehlt an Wasser, Strom und Nahrung. Der Völkermord ist eingefädelt.
 
Während sich Israel vor der Weltöffentlichkeit als rücksichtsloses Land präsentiert, das vor Unmenschlichkeiten wie Massakern an Zivilisten nicht zurückschreckt und auch ausserhalb der arabischen Welt durch sein schreckliches Verhalten den Judenhass wiederbelebt, verschafft sich die Hisbollah mit jedem Tag mehr Anerkennung, ja Bewunderung. „Noch funktioniert die Hisbollah und kämpft weiter. Allein dies wird in die Geschichtsbücher der arabischen Völker als glänzender Sieg eingehen. Wenn ein Leichtgewichtler gegen einen Schwergewichtler kämpft und in der 12. Runde immer noch steht, so ist dies ein Sieg, egal wie das Ende aussieht“, schrieb der israelische Pazifist und Ex-Parlamentsabgeordnete Uri Avnery in einem Kommentar für die deutsche Zeitung „Freitag“. Am Sonntag, 6. August 2006, landete die Hisbollah bei Kfar Giladi den folgenschwersten Treffer; mindstens 10 israelische Soldaten wurden getötet.
 
Verwüstungen und keine Siege
Es zeichnen sich für Israel genau dieselben Niederlagen ab, welche die USA und ihre treu untergebenen Staaten in Afghanistan und im Irak erlitten haben: Diese Länder sind weitgehend verwüstet; es wurden unendliche neue Probleme geschaffen, und gelöst ist überhaupt nichts. In Afghanistan erleidet die internationale „Schutztruppe“ Isaf immer wieder Verluste. Mehr noch: Der Westen lehrt durch seine masslose Lust am Bombardieren, Zerstören und Unterdrücken die unangepassten Völker, die diesen militärischen Mitteln nichts einigermassen Ebenbürtiges entgegenzusetzen haben, dass es keine andere Lösung als eine Verstärkung des Terrorismus gibt. Dieser setzt nicht auf Bomben, Fernlenkwaffen und Bulldozer, sondern versucht, mit verhältnismässig bescheidenen, erschwinglichen Mitteln und dem Einsatz von Raffinesse aus dem Hinterhalt eine grosse Wirkung zu erzielen.
 
Seit dem Kriegsregime von George W. Bush, dem ja wohl niemand hohe Gaben hinsichtlich Scharfsinn, Weitblick und Psychologie attestieren will, hat der internationale Terrorismus einen unglaublichen Aufschwung erfahren. Die Welt ist unsicher geworden. US-Machthaber müssen ihre Reisen entweder unverhofft und unbemerkt ausführen oder ganze Armeen zu ihrem Schutz aufbieten. Das Volk muss in den Häusern bleiben, die Fenster schliessen, und Wasserschachtdeckel müssen zugeschweisst werden, wenn die Amerikaner kommen. Die Israelis dürfte allmählich dasselbe Schicksal erwarten. Aber genau das wird von den Weltpolizisten zum Ausbau ihrer Schnüffel- und Überwachungsaktionen genutzt.
 
Die Hisbollah wurde unterschätzt
Israel war gerade am Aushungern des Gaza-Streifens und nahm dann die Entführung von 2 israelischen Soldaten zum Anlass, auch gerade noch den Libanon zu zerstören und dessen Bevölkerung in Verzweiflung und Elend zu stürzen. Es musste erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass die Hisbollah mehr und leistungsfähigere Katjuscha-Raketen (und offensichtlich auch solche vom iranischen Typ Zelzal oder Fajr mit grösseren Reichweiten) als erwartet haben, auch wenn diese Waffen die Dimension des militärischen Ungleichgewichts kaum beeinflusst haben. Die vielgerühmte Qualität der israelischen Aufklärung war ein Bluff. Man hatte sich geirrt.
 
Rund 4 Wochen dauert dieser ungleiche Krieg nun schon an, und Israel, das nach den Vorgaben von kindergerechten Shooter- und Militärspielen für den Gebrauch am Computer agiert, ist auf der Zerstörer- und auf der Verliererseite. Israels Ministerpräsident Ehud Olmert, ein US-höriger politischer und strategischer Dilettant, versucht mit Siegesrhetorik nach Bush-Muster zu suggerieren, alles verlaufe einigermassen nach Wunsch und der Gegner sei besiegt. Das Gegenteil ist der Fall. Olmert forderte sogar Hilfe aus Deutschland an, ohne dort auf grosse Begeisterung zu stossen. Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold forderte die Einbeziehung von Hisbollah und Hamas in den Friedensprozess. Das wäre aus israelischer Sicht das Eingeständnis der Niederlage. Stattdessen fängt Israel demokratisch gewählte Hamas-Politiker ein und verhaftet sie.
 
Die israelische Niederlage ist bereits besiegelt und offensichtlich, auch wenn die israelische Kriegsmaschine nicht zu zerstören ist, und auf das Eingeständnis, auf einen nicht besiegbaren Gegner gestossen zu sein, kann verzichtet werden. Der Sachverhalt ist klar. Der Westen hat seine Glaubwürdigkeit und seinen Einfluss im Mittleren Osten (mit Ausnahme von Sympathisanten wie Ägypten, Saudiarabien und Jordanien) verloren; das ist der grösste Preis, der nach seiner sturen Gewaltpolitik zu zahlen ist beziehungsweise sein wird.
 
Politik der verbrannten Erde
Vor 61 Jahren, am 6. August 1945, haben die USA die erste Atombombe auf Hiroshima abgeworfen, an deren Folgen bis heute mehr als 220 000 Menschen qualvoll gestorben sind, und am 9. August 1945 folgte die 2. Atombombe auf Nagasaki. Hitze und radioaktive Strahlung führten zu unglaublichen Zerstörungen. Japan kapitulierte, und seither glaubt Amerika, mit brutaler Gewalt und einer Politik der verbrannten Erde sei jedes seiner eigennützigen Ziele zu erreichen. Seit den Atombomben-„Erfolgen" operieren die USA und Israel nach der Devise „Shock and awe" (Schrecken und Furcht/Ehrfurcht). Der Schock breitet sich weltweit aus, und aus Ehrfurcht wird Verachtung.
 
Die Atommächte haben heute noch rund 28 000 Atomsprengköpfe auf Lager (die meisten – 10 270 – ausgerechnet in der unberechenbaren Kriegsnation USA), der Rest in Russland, Grossbritannien, Frankreich, China, Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea, mehr als genug, um das Leben auf der Erde auszulöschen. Kann man mehr als die ganze Erde zerstören? Kriminellen Vollidioten, die mehr als die Totalvernichtung alles Lebens wollen, kann man wahrhaftig nur mit grösster Skepsis begegnen. Spricht da jemand von Abrüstung? Die USA decken sich gerade mit handlicheren, kleineren Atombomben ein, zum bestehenden riesigen Vernichtungsarsenal hinzu. Und das ist gestattet. Widerspruch wird nicht geduldet.
 
Die Erde wird durch die USA und ihre Fans in einen Krieg nach dem anderen hineinmanövriert, ohne dass ein Lerneffekt zu verzeichnen wäre. Schon bei der Zerstörung und Vergiftung von Vietnam in den 1960er-Jahren hätte diese Nation merken müssen, dass konventionelle Kriege mit Bomben und C-Waffen zwar kaum wieder gut zu machende Zerstörungen herbeiführen können, aber gegen motivierte und gut trainierte Partisanen nicht zu gewinnen sind. Noch heute leiden rund 500 000 vietnamesische Kinder in der 3. Generation an Missbildungen und 2 Millionen sind inzwischen an Krebs erkrankt, Folgen des Agent-Orange-Einsatzes; mit diesem Pflanzen- und Menschengift (80 Millionen Fässer mit toxischen Chemikalien wurden übers Land verteilt) wollte die US-Armee in einer hochgradig umweltkriminellen Aktion die Vietkong-Deckungen zerstören (Israel hat zum gleichen Zweck Hunderttausende von Olivenbäumen in Palästina ausgerissen). In der „Operation Chaos“ wurden in den USA 7000 Personen und 1000 Organisationen bespitzelt, die den Vietnamkrieg kritisiert hatten.
 
US-Gerichte, die in landeseigener Sache urteilten, lehnten bisher alle Entschädigungsansprüche ab; vom Gift betroffene US-Kriegsveteranen aber erhielten Entschädigungen von 180 Millionen US-Dollar. Dasselbe Strickmuster gilt in allen Ländern, bis heute – unverändert. So blamieren und demaskieren sich insbesondere die USA und Israel. Sie zeigen ihr wahres Gesicht und führen der Welt ihre Rücksichtslosigkeit beim Versuch der Unterdrückung und der Unterwerfung anderer Kulturen vor.
 
Kuba wieder einmal im Visier
Im Moment versuchen die USA gerade wieder einmal, Fidel Castros Spitalaufenthalt (Darmoperation) zur „Demokratisierung“ von Kuba zu nutzen. Die Rhetorik der Regierungssprecher in Washington bereitet das Gelände vor. „Wir werden uns um jene im derzeitigen kubanischen Regime kümmern, die ihren Wunsch nach einem freien Kuba behindern", sagte George W. Bush während einer Reise durch den US-Bundesstaat Texas an die Bürger der Insel; laut den kubanischen Medien hat der „im Delirium und Rausch“ gesprochen. Ein Rückfall in den Alkoholismus? Exil-Kubaner werden in den USA wieder zu Umsturzversuchen angestachelt – wie damals: Man erinnert sich an die US-Invasion in der Schweinebucht auf Kuba am 1. April 1961. Sie scheiterte – und die Uno verhinderte, dass die USA als Aggressor verurteilt wurden. Mir persönlich wäre eine Diktatur nach kubanischem Muster wesentlich lieber als eine Demokratie nach US-Art – ich kenne beide Länder aus eigener Anschauung.
 
Es sind immer die gleichen Spielchen, die ablaufen, die mehr mit Arroganz als Intelligenz zu tun haben.
 
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