Der Installateur von Paris
Sicher war es mehr als unbeholfen von Seiten des Ständerates, die Unterstützung von Pro Helvetia wegen der von ihr gesponserten Hirschhorn-Installation im Pariser Centre Culturel Suisse um eine Million zu kürzen. Diese „Bestrafung“ trifft ja nicht den Urheber des Skandals, sondern all jene, die direkt oder indirekt von Pro Helvetia begünstigt werden. Dementsprechend habe ich bisher zu dieser Affäre nur jene Kommentare gehört, die von Künstlern, Künstlerinnen, Schriftstellern und Schriftstellerinnen stammen, welche irgendwie von dieser Geldquelle profitieren. Offenbar fühlen sie sich als die Bestraften nach dem Motto: Man haut den Sack und meint den Esel.
Indessen hätte ich gerne auch erfahren, was Menschen aus der nicht etablierten Kunst- und Literaturszene zu dieser Angelegenheit zu sagen haben solche, die zwar in ihren Werken ebenfalls provokativ ihre politische Reflexion zu Missständen in der Schweiz zum Ausdruck bringen. Sogar zu den Missständen bei unserem goldenen Kalb, der Pharmaindustrie, was meines Wissens bei Herrn Hirschhorn bisher nicht der Fall war: Ne touchez pas au grisby! Dabei werden diese wenig bekannten Kulturschaffenden weder von Pro Helvetia noch von einer anderen eifrig sprudelnden Geldquelle beglückt. Manche von ihnen würden wohl sogar eine direkte Bestrafung in Kauf nehmen, wenn ihnen so grosse Aufmerksamkeit zuteil würde, wie es gegenwärtig bei Herrn Hirschhorn der Fall ist. Aber man muss zur Kenntnis nehmen: Nicht nur in der Boulevardpresse hat Sensation den grössten Erfolg.
Lislott Pfaff
Ein volksnaher Kommentar
Ich gebe hier gern meine Stimme aus dem Volk ab und gestehe, meine Banausenhaftigkeit untermalend, freimütig ein, dass ich von einem Künstler namens Thomas Hirschhorn in den vielen Jahrzehnten meines Lebens vor dieser grossartigen Ausstellung aus Pappe, Klebebändern und Gerümpel noch nie gehört habe, obschon er angeblich von der Kunstwelt vergöttert wird. Meine flachen Ansichten in Sachen Kunst können zusätzlich noch mit meiner Auffassung untermauert werden, Kunst habe etwas mit Können zu tun.
Pinkelszenen, wie sie der Berner Hirschhorn im Centre Culturel in Paris im Dezember 2004 unter dem anheimelnden Namen „Swiss Democracy“ zum Besten gab, schafft auch der Hund Lucky unserer Nachbarfamilie locker und sogar täglich mehrmals. Und Hirschhorn sollte vielleicht zur Kenntnis nehmen, dass die Folterszenen im irakischen Gefängnis von Abu Ghraib nicht von den Schweizer Urkantonen Uri, Schwyz und Nidwalden, sondern von den USA inszeniert worden sind. Somit hätte das Sternenbanner dazu weit besser gepasst als die Kantonswappen. Aber Hirschhorn wagte offensichtlich nicht, die USA in den von dieser verursachten Schmutz ziehen. Das wagt auch sonst niemand. Die Schweiz verleumderisch zu verdrecken, ist in Kunst und Medien demgegenüber üblich und erlaubt.
Auch meines Erachtens darf die Kunst fast alles. Ich übertreffe diesbezüglich Hirschhorn noch: Sie dürfte sich sogar mit den USA kritisch auseinandersetzen. Nur eines dürfte sie nicht: Das unterste Niveau noch unterschreiten. Im eigenen Interesse. Sonst ist dann einfach alles Kunst, auch wenn ein Lastwagenchauffeur einen Haufen Sand auf eine Baustelle kippt. Oder wenn ein Besucher nach dem Gang durch die Hirschhorn-Ausstellung die Toilettenschüsse vollkotzt. Da wäre dann wohl die Stiftung „Kontra Helvetia“ schnell mit Fördermitteln (160 000 CHF) zur Stelle.
Immerhin hat Hirschhorn ein Herz für die Schweiz: Solange Christoph Blocher Bundesrat sei, sagte er in einem Radio-Interview, werde er nicht in der Schweiz ausstellen. Hoffentlich bleibt uns Blocher noch lange, lange erhalten.
Walter Hess
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