Schwanzprämie
Am 18.12.2002 veröffentlichte die „Basellandschaftliche Zeitung“ folgende Legende unter dem Foto des Kienberger „Mäusefängers“ Hans Emmenegger: Dieser habe „seinen eigenen Rekord gebrochen und in diesem Jahr bisher insgesamt 10 318 Nager gefangen. Auf dem Bild sitzt er vor einem Berg von Mäuseschwänzen, die er zum Beweis getrocknet aufbewahrt, damit sie zum Jahresende gezählt und abgegeben werden können. Kürzlich holte sich Emmenegger seinen Lohn ab.“*
Da die Menschen die Natur zunehmend knechteten und zerstörten, beschlossen die für den Planeten Erde zuständigen Göttinnen und Götter ein neues Säugetier zu erschaffen, das zehnmal grösser, intelligenter und flinker sei als der Mensch. Seine Aufgabe würde es sein, die anhaltende Vermehrung der Menschheit aufzuhalten, damit die Natur sich von den ihr zugefügten Schädigungen wieder erholen könne.
So schuf die Götterwelt eine Riesenmaus, die weder mit Waffen, noch mit Giften, noch mit Strahlen getötet werden konnte. Diana, die Göttin der Jagd, instruierte die rund zehntausend Riesenmäuse, die auf allen Kontinenten verteilt worden waren, wie sie bei der Menschenjagd vorgehen sollten: Die Beute sei mit den spitzen Zähnen der jagenden Mäuse so human als möglich, mit einem gezielten Biss in den Nacken, zu töten. Gejagt werden sollten ausschliesslich männliche Menschen, da sie für die Fortpflanzung der schädlichen Spezies verantwortlich waren. Um die Jagdlust der Riesenmäuse anzuspornen, setzte Diana für jeden nach der Tötung abgeschnittenen Menschenschwanz als Prämie einen besonderen Leckerbissen aus, der nach Wahl des Prämierten aus verschiedenen Käsesorten, Spezialkuchen, Edelnüssen und so weiter bestand.
So schwärmten denn die Riesenmäuse überall auf der Erde aus, und jede von ihnen konnte bald einen Berg von Menschenschwänzen vorweisen und sich entsprechend wie im Schlaraffenland den Bauch mit allen möglichen herrlichen Speisen vollschlagen. Dabei aber wurden sie immer dicker und träger. Bald waren einige von ihnen sogar zu faul, den tödlichen Biss im Menschennacken auszuführen und liessen ihre Beute, nachdem sie sie gefangen hatten, wieder laufen. Schliesslich nahmen sich die meisten der Riesenmäuse nicht einmal mehr die Mühe, den Menschen nachzustellen, so dass diese sich lustvoll weiter vermehrten und die Natur missbrauchten.
Die Göttinnen und Götter runzelten die Stirn und überhäuften Diana mit Vorwürfen. Sie müsse sich eine andere Strategie ausdenken, um die anhaltende Vermehrung der Menschheit aufzuhalten. Die Göttin Diana überlegte lange, und sie überlegt heute noch…
Lislott Pfaff
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