Chips für arme Hunde
„Der grosse Bruder, der dich überwacht“ ist schon lange Wirklichkeit. Überall wird registriert, beobachtet, ausgewertet, zwischen Gut und Böse unterschieden. Der Überwachungswahnsinn geht jedoch weiter und macht sogar vor dem besten Freund des Menschen, dem Hund, nicht Halt.
Nach einer EU-Richtlinie sollen alle Hunde, Katzen und andere Tiere, die mit ins Ausland mitgenommen werden, mit einem fälschungssicheren Chip ausgerüstet werden. Eine Übergangsfrist von 7 Jahren gilt für tätowierte Tiere. Nach Auskunft einer Tierärztin muss die Tätowierung jedoch gut lesbar und die Angaben auch in den Tierpass (seit neuestem soll sogar ein Foto des Tieres den Pass schmücken!) eingetragen sein. Wer unsicher ist, sollte sich bei seinem Tierarzt erkundigen.
Manche Städte (Wien, Berlin) oder Länder (Portugal) streben jedoch eine Chippflicht für alle Hunde an. Beleuchten wir einmal die Verhältnisse in Portugal: Dort sollen die etwa 2 Millionen Hunde mit einem Identifikationschip versehen werden. In diesem Land wurde die amerikanische Firma Digital Angel beauftragt zunächst 200 000 Hunde mit dem RFID-Chip zu „vernetzen“. Die restlichen Hunde müssen später daran glauben.
Auch die Schweiz macht mit. So beschloss der Bundesrat, eine Chip-Pflicht für Hunde ab 2006. So müssen Anfang 2006 Welpen von einem Tierarzt oder Tierärztin mit einem Chip versehen werden. Halter und Halterinnen von älteren Hunden haben noch etwas Zeit. Dazu Walter Hess : „Die im Globalisierungszeitalter allzu unterwürfig gewordene Schweiz macht praktisch alles mit, was die EU vorgibt, ob freiwillig oder aus Zwang.“
Mini-Chips wurden und werden zurzeit auch zur Inventarverwaltung in Supermärkten und bei Wareneinkäufen, die eine Kassiererin überflüssig macht, entwickelt. Jetzt planen immer mehr Firmen einen Einsatz bei Mensch und Tier. In Japan wurde ein Projekt gestartet, um Schulkinder durch Chips zu überwachen.
Woraus besteht der Chip, wie wird es implantiert? Hier die Antworten: Der Mikrochip (Datenträger) und eine Spule (Antennenfunktion) befinden sich in einer Bioglaskapsel. Der reiskorngrosse Transponder wird an der linken Halsseite des Tieres von einem Tierarzt injiziert. Der Transponder gibt keine Strahlen ab. Nur beim Ablesevorgang wird der Chip durch niederfrequente Radiowellen des Lesegerätes aktiviert. Das Tier erleidet angeblich keinen Schaden... Die Kosten betragen für eine Implantierung um die 35 Euro. Ein gutes Zubrot für Tierärzte und Chip-Hersteller. Auch der jeweilige Staat profitiert durch die vermehrten Steuereinnahmen. Nur der arme Tierbesitzer wird hier wieder einmal kräftig zur Kasse gebeten.
Die Befürworter der Chips verweisen auf folgende Vorteile: Der ISO-Standard als internationale Vereinbarung sorgt für eine weltweite Kompatibilität des Systems, jederzeit lesbar und lebenslange Funktionsfähigkeit, einfache Applikation per Injektion ohne Narkose, Unschädlichkeit für das Tier, grosse Manipulationssicherheit, die 15-stellige Identifikationsnummer wird weltweit nur einmal vergeben.
Der Vorsitzende des Hamburger Tierschutzbundes, Wolfgang Poggendorf , findet die Massnahme sinnvoll. „Wenn man in 15 Minuten den Halter ausfindig macht, steigt die Hemmschwelle, seinen Hund auszusetzen.“ Auch die Rückführung entlaufener Hunde wird vereinfacht. Dies ist nach meiner Ansicht der einzige Vorteil.
Zukünftig werden skrupellose Menschen es sich überlegen, ihren Hund auszusetzen. Erst kürzlich sah ich in meinem Wohnort Schopfheim D einen niedlichen jungen Boxer ohne Hundeleine und Hundemarke herumirren. Bevor ich mich um den Kleinen kümmern konnte, hatte ihn schon eine Tierfreundin, die mit ihrem Vierbeiner unterwegs war, am Halsband gepackt. Verzweifelt fragte sie Passanten und Anwohner nach dem Besitzer des Tieres. Keiner wusste, wem der Hund gehörte. Schliesslich brachte sie den Hund ins Tierheim.
Noch eine Bemerkung zur Manipulationssicherheit. Eine Zerstörung des Mikrochips ist nur durch starke Strahlen, die das Tier nicht überleben würde, möglich. Eine operative Entfernung ist aufwändig und hinterlässt eine Narbe.
Es ist zu bemängeln, dass hier Gesetze beschlossen wurden, ohne auf die Tierhalter Rücksicht zu nehmen. Warum wurde keine Regelung auf freiwilliger Basis getroffen? Warum gibt es keine Alternativen? Wie mir eine Bekannte, die nicht ohne ihren Hund verreist, erzählte, lehnt sie die Implantation eines Chips ganz entschieden ab. Sie ist überzeugt von einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ihres Hundes (Gewebeveränderungen durch den Fremdkörper usw.). Auch glaubt sie nicht an die behauptete Schmerzlosigkeit bei der Verwendung einer stricknadeldicken (!) Injektionsnadel. Sie zieht aus dieser Verordnung ihre Konsequenz und wird mit ihrem Hund nicht mehr ins Ausland reisen. Als sie kürzlich ihren Hund zum Tierarzt bringen musste, sprach sie Tierfreunde in der Praxis auf die Chip-Pflicht an. Alle zeigten Unverständnis und lehnten strikt eine Implantation ab.
Wer künftig mit einem nicht gechipten Hund ins Ausland reist, muss mit empfindlichen Strafen oder im schlimmsten Fall mit einer Konfiszierung des Tieres rechnen.
Heinz Scholz
Stimme zur Chippflicht
„Die totale Überwachung des Bürgers und seines vierbeinigen Weggefährten ist also kein Horrortraum mehr. Das Ärgernis, schamlos dem vorher nicht befragten Bürger aufs Auge gedrückt, ist ein Datenträger mit Antennenfunktion von Reiskorngrösse...“
„Der Chip stellt eine invasive Massnahme dar und wäre beispielsweise beim Menschen ohne seine Einwilligung nicht denkbar. Da das Tier – von hoher Sensibilität und ausgeprägtem Charakter bestimmt – noch immer als ‚Sache' gehandelt wird, hat es einen Besitzer und somit ist eine rechtliche Relevanz gegeben. Chippflicht würde daher eine bewusst herbeigeführte Sachbeschädigung und damit eine eklatante Verletzung der Eigentumsrechte bedeuten.“
H. D., eine Tierfreundin aus München
An alle Tierfreunde
Was halten Sie von der Chippflicht? Gerne hören wir dazu Ihre Meinung. Schreiben Sie Ihre Gedanken dazu bitte auf und senden Sie diese ans Textatelier walter.hess@textatelier.com
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