Im April wurde unsere Landschaft wieder gelb eingefärbt: Rapsfelder überall. Ich frage mich nur, was mit all dem Raps geschieht?
A.N.H., CH-5015 Niedererlinsbach
Antwort: Ihre Frage haben wir dem Bundesamt für Landwirtschaft in Bern (info@blw.admin.ch), Sektion Acker- und Futterbau, Mattenhofstrasse 5, CH-3003 Bern, unterbreitet und von Thomas Meier prompt die folgende Antwort erhalten:
"In der Schweiz wurden im Herbst 2001 rund 17'000 ha Raps ausgesägt. Der allergrösste Teil der Rapsernte (50'000 Tonnen Rapskörner) wird zu Speiseöl (Ausbeute knapp 40%) verarbeitet. Als Nebenprodukt fällt dabei das eiweissreiche Futtermittel Rapskuchenmehl (Ausbeute: 60%) an.
Das Speiseöl wird direkt, in Form von Speisefetten und Margarine oder in Fertigprodukten konsumiert. Daneben wird eine gewisse Menge inländisches und/oder importiertes Rapsöl in der Industrie (vor allem in der Schmiermittelbranche) und im Energiebereich (Rapsmethylester RME als Dieselersatztreibstoff) eingesetzt. Bisher stand die RME-Produktion im Vordergrund: Aus 4000 bis 6000 t Raps werden jährlich 1500 bis 2000 t RME produziert.
Wichtig ist noch der Hinweis, dass die Schweizer Landwirte, der Handel und die Verarbeitung seit dem Jahr 2000 bezüglich Anbauflächen, Mengen und Preise keine staatlichen Vorgaben mehr haben. Der Bund beschränkt sich auf die Gewährung eines Flächenbeitrags von 1500 Franken pro Hektare für die Ölsaaten (Raps, Sonnenblumen und Soja). Zusätzlich kann die Branchenorganisation swiss granum jährlich 8.5 Mio. Franken für die Stützung der Verarbeitung von Raps, Soja und Sonnenblumen einsetzen (Leistungsvereinbarung Ölsaaten).
Die Marktpartner organisieren sich innerhalb der Branchenorganisation swiss granum. Auf deren Internetseite (www.swissgranum.ch) finden Sie weitere Informationen zum Rapsanbau."
Soweit die kompetente Antwort aus dem Bundesamt für Landwirtschaft.
Ursprünglich schmeckte die Ölpflanze Raps, ein Kreuzblütler, bitter. Doch die Mitte der 80er-Jahre zum Einsatz gekommene Neuzüchtung 00-Raps (Doppelnull-Raps) enthält solche Bitterstoffe kaum mehr, so dass dieser Raps seither süss schmeckt. Diese Züchtung hat ermöglicht, dass die Nebenprodukte aus der Ölgewinnung (Rapskuchenmehl) vielseitiger in der Nutztierfütterung eingesetzt werden können.
Offenbar sind selbst Wildtiere wie Rehe eher dem Süssen als dem Bitteren zugetan. Im Winter ernähren sie sich gern oder notgedrungen von Feldfrüchten, und ein übermässiger 00-Raps-Verzehr kann ihnen gesundheitlichen Schaden zufügen, der bis zum Tod führen kann, wie vor allem in Österreich und Deutschland festgestellt worden ist, auch wenn noch keine wissenschaftliche Belege dafür vorliegen; aber es existiert ja nicht nur, was wissenschaftlich untermauert ist. Zusammenhänge zwischen 00-Raps und Wildtierleiden wurden Ende der 80-er Jahre kontrovers diskutiert. Das erkrankte, an Blutarmut erkrankte und apathische, bis auf die Knochen abgemagerte Wild zeigt im Endstadium auffällige Verhaltensstörungen (mangelnde Scheu gegenüber dem Menschen). Solche Fälle treten insbesondere im Spätwinter auf. Aus direkten Kontakten zu Jägerkreisen weiss ich, dass solche Tiere auch in der Schweiz festgestellt wurden und getötet werden mussten.
Bei den Tiere tritt gelegentlich eineKohlanämie auf, weil eine bestimmte Aminosäure des Rapses, das S-Methylcysteinsulfoxid (SMCO), insbesondere in Wiederkäuermägen zu einer giftigen Substanz abgebaut wird, welche die roten Blutkörperchen zerstört. Dadurch wird der Organismus nicht mehr mit genügend Sauerstoff versorgt. Zudem werden Leber und Milz geschädigt, und schliesslich erleiden die Rehe den Erstickungstod. Das langsame Sterben tritt angeblich ein, wenn etwa die Hälfte der aufgenommenen Nahrung aus 00-Raps bestanden hat.
Zu den Rapsfressern gehört auch der Feldhase, der sich allerdings auf eine vielseitige Lebensmittel-Palette kapriziert hat. Er lebt von etwa 60 verschiedenen Pflanzen: Gräser, Wildkräuter, Klee, junges Getreide, Raps, Kohl und Rüben stehen je nach Jahreszeit auf seinem Speisezettel. Eine besondere Vorliebe haben die bedrängten Hasen auch für die Gartennelke in den Vorgärten; wer etwas für Hasen tun will, pflanzt also solche an. Bedrohlich sind für Feldhasen männlich sterile, herbizidresistente bzw. herbizidtolerante Hightech-Rapspflanzen, weil diese oft einen vermehrten Einsatz von Wildpflanzenabtötungsmittel nach sich ziehen (Motto: Pflanzenschutz). Sie wachsen auch auf garekranken Böden. Am so genannten Extenso-Raps[1] nagen oft Rapsglanzkäfer[2], dem aktivsten Raps-Schädling, und in nassen Perioden fühlen sich Pilze bei ihm wohl. In der Schweiz sind keine gentechnisch veränderten Rapssorten zum Anbau freigegeben worden. Die EU hat bereits einige Versuchsflächen für GVO-Sorten bewilligt.
Raps ist, wie eingangs erwähnt, vielseitig verwendbar. Aber es ist heute eine intensiv manipulierte Pflanze, die ihre Tücken hat. Wenn zum Beispiel die ökologische Bilanz von dem aus Raps gewonnenen Biodiesel bewertet wird, muss auch die Problematik im Umfeld des intensivlandwirtschaftlichen Rapsanbaus berücksichtigt werden, die hier nur angetönt wurde. Grossflächige Monokulturen führen immer zu Umweltschädigungen. Der Vorteil des aus Raps gewonnenen Treibstoffs ist das Freisein von Schwefel, weshalb die Abgase nach dem Verbrennen im Motor nicht durch Schwefelverbindungen beeinträchtigt werden. Sie erinnern an das Parfüm aus einer Friteuse in einer Pommesbude. Ein schöner nasaler Schein, der trügen kann.
wh.
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[1] Als extensive Produktion von Raps (Extenso-Raps) gilt der Anbau unter vollständigem Verzicht auf den Einsatz von Wachstumsregulatoren, Fungiziden, chemisch-synthetischen Stimulatoren der natürlichen Abwehrkräfte und Insektiziden.
[2] Rapsglanzkäfer sind 1,5 bis 2,5 mm lange, metallisch bläulichgrün schimmernde Käfer, die sich auch gern an Rüpsen heranmachen.
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