Wir haben um unser Haus viele wild wachsende Sauerampferpflanzen. Ist das ein Hinweis auf einen sauren Boden?
Silvia Jäger, CH-5023 Biberstein
Antwort: Der Sauerampfer (Grosser Ampfer, Rumex acetosa) ist ein essbares "Unkraut", ein Knöterichgewächs (Polygonaceae). Seine länglich-elliptischen Blätter können in milden und schneearmen Wintern bis Mitte Dezember gepflückt werden. Die Pflanze hat einen hohen Oxalsäure- und Nitratgehalt; die Blätter kommen deshalb eher als säuerlich schmeckende Würzkräuter, beispielsweise als eine appetitanregende Zugabe zu einer Kartoffelsuppe, zu Omeletts und Salaten, denn als Gemüse in Frage. Der Volksname Salatampfer weist auf die Verwendung als Beigabe zu Salaten hin. Manchmal fügt man auch Geflügelgerichten davon etwas zu, allerdings sollte man es damit nicht übertreiben.
Die Oxalsäure ist eine der verbreitetsten Pflanzensäuren und findet sich auch in Rhabarber, Sauerklee, Spinat und Kakao: HOOC-COOH (einfachste Dicarbonsäure). Die Formel habe ich mir schon im Chemieunterricht gut merken können, weil sie ein Palindrom ist, in diesem Falle eine Buchstabenfolge, die vor- und rückwärts gelesen werden kann, ohne dass sie sich verändert (wie Anna).
Die Oxalsäure stammt nicht aus dem sauren Boden; denn es ist eine leicht wasserlösliche Substanz und hätte dort bei Regenwetter keine Bleibe. Sie wird in der Pflanze neu gebildet. Sie kann den Kalziumstoffwechsel beim Menschen ungünstig beeinflussen, weshalb beim Sauerampfer-Genuss etwas Zurückhaltung geboten ist; aber alle sauren Pflanzen bestehen auch aus anderen Inhaltsstoffen (aus Vitamin C und einem Flavonglykosid). Das Salz Kalium bioxalicum (Kleesalz) kann Erbrechen und tetanische Krämpfe hervorrufen, infolge Kalziumverarmung durch die Bildung von Kalziumoxalat, das nicht resorbierbar ist.
Das Sauerampfer-Kraut sammelt man am besten vor oder zu Beginn der Blütezeit. Man schneidet es über dem Boden ab, bündelt es und trocknet es an einem luftigen Ort und hilft eventuell noch etwas im Backofen nach, weil die Pflanze viel Feuchtigkeit enthält. In der früheren Naturmedizin wurde der Sauerampfer zur Erfrischung und Kräftigung der Kranken oder auch gegen "jnnerliche, hitzige oder auch Pestilentzische febern" verabreicht. Heute nimmt man Sauerampfer bei Harnverhaltung und zur Blutreinigung: Sebastian Kneipp verordnete in Wein gekochten Sauerampfer gegen Unterleibsschmerzen.
Sauerampfertee kann man wie folgt zubereiten: 2 Teelöffel Sauerampfer mit 2,5 dl kochendem Wasser übergiessen, 10 Minuten ziehen lassen und absieben. Davon kann man täglich etwa 2 Tassen trinken, oder auch für Hautwaschungen kann dieser Tee gebraucht werden. Aber auch hier ist Zurückhaltung geboten.
Den Grossen Sauerampfer findet man häufig auf nährstoffreichen, kalkarmen, feuchten und damit eher sauren Wiesen (manchmal in feuchten Wäldern), den Kleinen Sauerampfer (Rumex acetosella) mit seinen spiessförmigen Blättern und dem rötlichen Blütenstand tatsächlich ebenfalls auf sauren, meist sandigen Böden. Der Säureproduzent Sauerampfer liebt also saure Böden; er ist ein eigentlicher Säurezeiger. Es handelt sich somit um eine Pflanze, die vom sauren Regen profitiert, aber nicht zur Entsäuerung des Bodens eingesetzt werden kann.
Politisch betrachtet gilt der Sauerampfer als Kommunist beziehungsweise Sozialist, weil er immer dort, wo er in den Boden eindringt, seine rote Fahne hisst. Und angeblich tut er das überall dort, wo die demokratischen Gräser mit widrigen Umständen zu kämpfen haben. Er windet seine schlangenartigen Wurzeln zwischen den Gräsern hindurch, versamt sich wie ein Wirbelwind und soll ein Kind des Chaos sein eine durchaus moderne Pflanze also.
Hinweis: Gute Informationen gibt es dazu auf der Sauerampfer-Homepage http://lyrix.carpe.com/rumex/botanik.html
wh.
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