Ich habe Ihren Ratgeber Text "Silizium aus Schachtelhalmen festigt Gewebe und Knochen" gelesen, nach dem Ackerschachtelhalm gesucht und bin an einem Waldrand in der Nähe der Staffelegg (Juraübergang zwischen Aarau und Frick im aargauischen Fricktal) vermeintlich fündig geworden. Doch kamen mir die Halme sehr weich, flauschig vor; sie hingen etwas herab. Ich schaute in einem Bestimmungsbuch nach und stellte fest, dass es sich um den Waldschachtelhalm handelte. Kann dieser ebenfalls zur Heiltee-Zubereitung verwendet werden?
A.H., CH 5024 Küttigen
Antwort: Nein, der Waldschachtelhalm kann nicht therapeutisch genutzt werden. Es gibt Autoren, die ihn als giftig, andere aber als wirkungslos bezeichnen. Diese Pflanze ist an Waldrändern, in Wäldern und auf Waldwiesen anzutreffen. Wie Sie zum Glück richtig beobachtet haben, hat diese Pflanze (Equisetum silvaticum) quirlig angeordnete feine Ästchen (Seitenzweige), die bogenförmig herabhängen. Eine Verwechslungsgefahr besteht ebenfalls mit dem Wiesenschachtelhalm (Equisetum pratense), dessen Ästchen meist unverzweigt, waagrecht abstehend oder überhängend sind und der ebenfalls giftig ist.
Man staunt immer wieder, wie in allen Bereichen der Natur die Mitglieder von ein und derselben Familie (im vorliegenden Fall der Schachtelhalmgewächse, Equistaceae) ganz unterschiedliche Eigenschaften haben können. Das ist ja auch in menschlichen Familien so. Überall wechseln Formen (Aussehen), Grössenwachstum, Inhaltsstoffe (und damit Wirkungen), Verhaltensweisen usf. Mit Bezug auf die Heilpflanzen ergibt sich daraus auch, dass Wildpflanzensammler über sehr gute botanische Kenntnisse und eine exakte Beobachtungsgabe verfügen müssen.
Ich habe denn auch eine Hochachtung vor den Phytotherapeuten, die nicht allein die Pflanzen und ihre Wirkstoffe, sondern auch die Abläufe im menschlichen Organismus kennen und verstehen müssen. Solche Genies gab es zu allen Zeiten, und so wurde zum Beispiel das Ackerschachtelhalmkraut schon in der Antike etwa durch den griechischen Arzt Dioskurides (zirka 70 nach unserer Zeitrechnung) beschrieben ("Hippuris") und von ihm wie auch von anderen Heilkundigen bis hinein ins Mittelalter genutzt. Dann geriet diese kieselsäurehaltige Pflanze in Vergessenheit und wurde insbesondere durch den Schweizer Kräuterpfarrer Johann Künzle aus Zizers GR wieder entdeckt, der sie vor allem bei Harnbeschwerden, Rheumatismus and Gicht einsetzte.
wh.
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