Kürzlich habe ich vom Lungenspezialisten die Zufalls-Diagnose Pulmonale Lymphangioleiomyomatose, eine seltene Lungenkrankheit, erhalten. Der Arzt meint, ich solle mich weiteren Untersuchungen unterziehen, auch einer operativen Gewebsentnahme aus der Lunge. Danach will er versuchen, den Zustand der Lunge zu stabilisieren. Ich bitte Sie, mir mitzuteilen, was ich auf natürlichem Weg zu einer Stabilisierung beitragen kann; ich bin bald 60 Jahre alt. Ist eine Gewebsentnahme sinnvoll? Der Arzt machte die Bemerkung, man müsse ausprobieren, ob und auf welche Medikamente ich anspreche. Er schlägt Gestagen-Depot-Spritzen vor. Ich konnte bis heute, abgesehen von der Entfernung eines Eierstocks wegen einer Zyste, beschwerdefrei leben.
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Antwort: Die Pulmonale (die Lunge betreffende) Lymphangioleiomyomatosis (Synonyme: angiomyomatöse Hyperplasie, lymphangiomatose Malformation) ist eine gutartige Lymphgefässwucherung, die auch an Haut und Schleimhäuten vorkommen kann. Das LAM Lymphangioleiomyomatose Patienteninformations- und Selbsthilfenetzwerk (www.lam-info.de) beschreibt die Erscheinung wie folgt: "Lymphangioleiomyomatose (LAM) ist eine seltene Lungenerkrankung, die erstmals in der medizinischen Literatur von Stossel 1937 beschrieben wurde. Die Krankheit ist durch ungewöhnliche Typen von glatten Muskelzellen beschreibbar, die in das Gewebe der Lunge vordringen, einschliesslich der Atemwege und der Blut- und Lymphbahnen. Im Laufe der Zeit bilden diese Zellen Ansammlungen und wachsen in die Wände der Luftwege und Lymphbahnen und bilden (Obstruktionen) Hindernisse. Obwohl diese Zellen nicht krebsartig sind, wachsen sie unkontrolliert innerhalb der Lunge. Mit der Zeit blockieren die Muskelzellen den Luftstrom, die Blut- und Lymphgefässe und verhindern, dass der Rest des Körpers ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird."
Laut der Universitätsklinik Ulm befällt dieses "Lymphangioperizytom", wie die Erscheinung ursprünglich genannt wurde, junge Frauen und Frauen mittleren Alters; Männer können davon nicht betroffen werden. Unter Pathogenese (Gesamtheit der krankheitsverursachenden Faktoren) schreibt die Abteilung für diagnostische Radiologie der Uniklinik Ulm: "Assoziation mit Hormonsekretion Exazerbation während Schwangerschaft und Östrogengabe Stillstand nach bilateraler Ovarektomie Östrogen und Progesteronrezeptoren in Biopsien[1] ".
Versuchen wir, dies für den Normalverbraucher zu übersetzen: Verknüpfung mit der Hormon-Produktion Verschlimmert sich während der Schwangerschaft und bei Östrogengabe[2] Stillstand nach beidseitiger operativer Eierstockentfernung. Das Progesteron schliesslich ist das Hormon, das die Schwangerschaftsvorgänge reguliert.
Die Zysten in der Lunge haben eine Grösse von 0,2 bis 2 cm und können zu Lungenblutungen führen, was eine verminderte Lungenleistung bewirken kann. So ist es tatsächlich wichtig, dass das Wachstum der Lymphgefässwucherung beendet werden muss. Da bei Ihnen bereits ein Eierstock entfernt ist und Sie bald 60 Jahre alt sind, müsste sich diese Stabilisierung eigentlich von selbst einstellen. Die Verabreichung von Gestagen-Spritzen (die der Vorbereitung und Erhaltung der Schwangerschaft dienen) verstehe ich in diesem Zusammenhang überhaupt nicht; sie widersprechen jedem logischen Denken; bitte sprechen Sie Ihren Arzt darauf an, und vielleicht müssen Sie Ihren Arzt wechseln.
Auch wie es in diesem Fall zur Idee einer Gewebsentnahme kommen konnte, ist mir schleierhaft; ich möchte Ihnen keinen Rat geben, würde aber in meinem Fall ein Herumstochern in einem sensiblen Organ konsequent ablehnen, zumal laut einer Studie am amerikanischen National Heart, Lung and Blood Institutein Bethesda ("Radiology 2000"; 214: 441–446) die konventionelle und Dünnschicht-Computertomographie (CT) das sensitivste Verfahren in der bildgebenden Diagnostik der pulmonalen Lymphangioleiomyomatose ist und wenigstens keine „mechanischen“ Schäden verursacht, wie man beizufügen geneigt ist. Ich würde einem medizinischen und operativen Marathon äusserst skeptisch gegenüberstehen und mich weiter informieren, z.B. bei der LAM-Foundation in den USA, welche die Forschungen auf diesem Gebiet intensiv vorantreibt: http://lam.uc.edu/
Hier die Adresse:
The LAM Foundation
Sue Byrnes, Director
10105 Beacon Hills Drive, Cincinnati, Ohio 45241
Tel: 513-777-6889 Fax: 513-777-4109
E-Mail: lam@one.net
So hoffe ich, dass ich Ihnen wenigstens einige Quellenhinweise geben konnte, damit Sie mit Ihrem Arzt auf Augenhöhe diskutieren und ihn gegebenenfalls von unnötigen Untersuchungen und Eingriffen sowie falschen Massnahmen abhalten können.
wh.
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[1] Eine Biopsie ist eine Untersuchung von Gewebe, das dem lebenden Körper entnommen worden ist.
[2] Das Östrogen ist das weibliche Sexualhormon mit der Wirkung des Follikelhormons (Hormon der weiblichen Keimdrüse).
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