In der "SonntagsZeitung"vom 28. Juli 2002 erschien ein Artikel, in dem Fettfrei-Diäten als unnütz bezeichnet und Kohlehydrate zu Übeltätern gemacht werden. Ich bin erstaunt, dass in einem Organ von dieser Herkunft und Reichweite ein derart widersprüchlicher und insgesamt einseitig bis falscher, in seiner Art aber raffinierter Beitrag erscheint, der Verwirrung stiftet. Eine Stellungnahme aus dem Textatelier erscheint mir wertvoll und dringend.
Jakob Müller, CH-8222 Beringen
Antwort: Vor etwa 40 Jahren erreichten uns aus dem Land der Übergewichtigen die Gebote zu einer fettarmseligen Ernährung: das Anti-Fett-Dogma. Und dann wurden die Amerikaner trotzdem noch dicker (19% gelten als fettleibig, mehr als 50% als übergewichtig), und sie begannen Fastfoodketten zu versammelklagen. Dann wurden "Studien"ausgearbeitet, die das Gegenteil bewiesen haben: Fettarmes Futter tauge nicht zum Abnehmen, las man da. Schuld sind jetzt gerade die Kohlenhydrate (wie Zucker, Weissmehl), die zum Teil verbrannt und zum Teil in Körperfett umgewandelt werden. Und wenn dann unsere Vorbilder jenseits des Atlantiks noch dicker geworden sein werden, wird es neue Studien geben, welche die Kohlehydrate freisprechen und das Hormonfleisch anprangern und damit ziemlich nahe bei der Wahrheit sein werden.
In Ernährungsfragen herrscht ein unwahrscheinliches Tohuwabohu, ja geradezu ein Hobawutohu. Niemandem scheint es mehr in den Sinn zu kommen, sich mit frischen, möglichst naturnah Gewachsenem und industriell möglichst wenig Verarbeitetem zu ernähren, hochwertige Öle nicht zu verschmähen, wohl aber inakzeptable Produkte aus der Industrie- und Genproduktion, insbesondere auch mit Hormonen und anderen Mastchemikalien verseuchtes Fleisch.
Das wäre eine gesunde Ernährungsweise, wie sie vor Ankunft der läppischen US-Diäten in unserem Kulturkreis gang und gäbe war: Einfach, aus schmackhaften, frischen und langsam gewachsenen Zutaten bestehend, bekömmlich. Es wäre so ziemlich genau jene Küche, zu der die grossen Köche in den letzten Jahren wieder zurückgefunden haben.
Walter Hess
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