Was bedeutet es, wenn in einem Innenputz (zur Wandbehandlung) als Bindemittel "Dispersion Reinacryl" deklariert ist?
E.M., CH-7000 Chur
Antwort: Acrylate sind Salze und Ester der Acrylsäure beziehungsweise der Polyacrylsäure (Polyacrylate). Die Acrylsäure, die auch Propensäure genannt wird, ist eine unangenehm stechend riechende Monocarbonsäure[1]. Sie wird mit der chemischen Formel CH2=CH-COOH dargestellt und dient als Rohstoff für Kunststoffe und Lacke. Im Speziellen werden Acrylsäure und Acrylate hauptsächlich zur Herstellung von hochabsorbierenden Polymeren, Farben, Beschichtungen, Klebstoffen und Produkten zur Behandlung von Abwässern eingesetzt. Acrylsäure ist auch ein Ausgangsstoff für die Produktion von Acrylglas.
Acrylate, die zum Teil als physiologisch unbedenklich gelten, sind im Wohnbereich zumindest unsympathisch, bieten gewisse Probleme, wenn auf verschiedenen Untergründen ausgezeichnet haftende Acryl-Dispersionsfarbe zu dick aufgetragen wird und nicht richtig aushärten kann. Das in Wasser dispergierte, dann teilweise nicht abbindende Acrylat lässt Spuren von nach Essig riechender Acrylsäure frei, die zweifellos nicht in einen Wohnbereich gehört und sich durch beissende Empfindungen auf der Haut bemerkbar macht.
Acrylnitril (Ventox) und Acrylamid, die in Anstrichen nicht vorkommen sollten, sind giftig; letzteres ist ein Nervengift.
Wer sich konsequent nach baubiologischen Prinzipien ausrichtet, hat keinen Anlass, sich mit solchen Chemikalien zu umhüllen, auch wenn sie gute Eigenschaften in Bezug auf Beständigkeit selbst gegen aggressive Chemikalien haben; es gibt genügend Naturprodukte, die den gleichen Zweck hinreichend erfüllen und ohne jedes Gefahrenpotenzial sind.
wh.
[1] Monocarbonsäuren sind organische Verbindungen mit einer einzigen Carboxylgruppe (-COOH); dazu gehören beispielsweise die Fettsäuren. Die einfachste aromatische Monocarbonsäure ist die Benzoesäure.
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