Textatelier
Die verflixten 3 Punkte ...

Kniffliges rund um die 3 Punkte . . .

Die 3 nacheinander folgenden Punkte ( ... ) zeigen an, dass zum Beispiel innerhalb eines Zitats etwas ausgelassen worden ist, oder aber ein Wortteil wurde unterdrückt: „Du bist ein Vollid...“. Wird ein ganzes Wort oder werden mehrere Wörter ausgelassen, stehen die Punkte frei, das heisst es gibt einen Abstand nach dem vorangegangenen Wort. Auf diesen Abstand muss verzichtet werden, wenn nur einige Buchstaben eines Worts weggelassen sind: „So eine Sch...“ – hier um die Fäkalsprache teilweise zu umgehen.

Die Auslassungspunkte werden bei längeren Auslassungen ( ... ) meistens in eine Klammer gesetzt.

Man spricht von Auslassungspunkten oder vom Auslassungszeichen, wenn man die Gesamtheit der 3 Punkte meint. Im Schriftsatz stehen sie gemeinsam auf einer Letter; sie sind also ein einziges Schriftzeichen. Allerdings kann auch der Apostroph ein Auslassungszeichen sein, weshalb wenn immer möglich das Wort Auslassungspunkte gewählt werden sollte; dann ist alles klar.

Um das Auslassungszeichen korrekt darstellen zu können, braucht es ein geeignetes Satzprogramm. In der Software, wie sie für die Druckvorstufe (für Bücher und andere gepflegte Schriftsätze) eingesetzt wird, ist das Auslassungszeichen (auch Ellipse genannt) enthalten. Die verbreitete Schreibsoftware „Word“ kann das bedingt ebenfalls:

Die Taste Alt drücken und festhalten und auf der Nummerntastatur 0133 eingeben. Wer keine separate Nummerntastatur hat, muss seinen Laptop auf Num einstellen. Zwischen die so produzierten 3 Punkte kann nicht geklickt werden; es ist also ein eigenes, zusammenhängendes Zeichen.

Steht das Auslassungspunkte-Trio am Ende eines Satzes, gilt der letzte Punkt als Schlusspunkt – denn 4 Punkte nacheinander wären dann des Guten doch etwas allzu viel. Doch können die Auslassungspunkte auch am Anfang eines Satzes stehen. Dann ist in ihnen niemals auch der Schlusspunkt des vorangegangenen Satzes inbegriffen: „Man sollte bei der Diskussion über Punkte allmählich einen Punkt machen. ... zwar wäre dann die Thematik nicht abschliessend behandelt.“ Andere Satzzeichen sind von den Auslassungszeichen nicht betroffen: Hole dich der ...!

Es ist durchaus möglich, die Auslassungspunkte jeweils mit einem geschützten Zwischenraum zu spreizen (der auf dem Computer mit Ctrl Shift Leerschlag herzustellen ist). Diese Tastenkombination ergibt allerdings ein (ganzes) geschütztes Leerzeichen und keinen „kleinen Zwischenraum“ im typographischen Sinn. Ein „kleiner Raum“ (Spatium, Zwischenraum, meistens 1/8-Geviert) lässt sich nur in einem Satzprogramm herstellen (wie QuarkXPress, Indesign usw.). Der kleine Raum entspricht etwa einem Achtelgeviert, also etwa der Hälfte eines Leerschlags. Das lässt sich mit Word und ähnlicher Software nicht bewerkstelligen.

Ob man die 3 Punkte jeweils etwas auseinander treiben will, ist eine Ermessenssache, wird ausserhalb des professionellen typographischen Bereichs meistens unterlassen. In vielen Büchern, z. B. Taschenbüchern von Rowohlt, dtv, Goldmann usf., findet man diese Spreizung – und zwar als vollständiger Zwischenraum. Die Auslassungszeichen erhalten dadurch mehr optisches Gewicht, das Schriftbild kann damit ein wenig modifiziert werden, je nach der gewählten Schriftart, ihrer Breite und dem ästhetischen Empfinden des Gestalters.

Unser Textatelier-Hauskorrektor Hans Kurt Berner verlangt in seinen Korrekturanweisungen konsequent zwischen den 3 Punkten ein Spatium (1/8-Geviert, also keinen ganzen, sondern lediglich einen kleinen Zwischenraum). Aber wenn Word-Texte ohne Übertragung in ein professionelles Format weiterverarbeitet werden, lässt sich das nicht machen.

Um es auf den Punkt zu bringen: Auch Punkte haben ihre Geheimnisse und Tücken und können sowohl unterdrückende Verschleierungen als auch Gestaltungselemente sein. Sind jetzt alle Klarheiten beseitigt ...?

Walter Hess


3 Jahre Textatelier

3 Jahre Textatelier.com

Ist das eine lange Zeit? Nach heutigen Massstäben wahrscheinlich schon. Am 1. Juli 2004 ist das Bibersteiner Textatelier.com ins 4. Jahr seines Bestehens gestartet. Für zusätzlichen Elan hatten im 3. Jahr des Bestehens die Gründung der „Verlag Textatelier.com GmbH“ und des „Blogateliers“ gesorgt. In einem Jahr kann sich vieles ereignen, vielleicht gerade weil die Zeit so schnelllebig geworden ist.

Verlagsaktivitäten
Am 1. Mai 2005 ist das 1. Verlagsobjekt, das Buch „Kontrapunkte zur Einheitswelt“, erschienen; in den ersten Wochen wurde bereits ein wesentlicher Teil der Auflage abgesetzt. Einige begeisterte Leser bestellten das Buch in grösseren Mengen, um ihre Bekannten damit zu beschenken. Prof. Dr. Hans Letsch, alt Ständerat Aarau, und ehemaliger Chef der Finanzverwaltung des Kantons Aargau sowie Generalsekretär des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements und Titularprofessor an der Hochschule St. Gallen, der sich je für Freiheit (Eigenständigkeit) und Verantwortung einsetzte und einsetzt, schrieb mir dazu: „In Ihrem Buch sprechen Sie nicht nur zentrale Fragen der Gegenwart und Zukunft, sondern ebenso Probleme an, die mich persönlich ebenfalls beschäftigen. Ich danke Ihnen dafür und beglückwünsche Sie sowie Ihren Mitautor (Fernand Rausser) zu dieser mutigen und wegweisenden Analyse. Wir brauchen in unserer Zeit und in unserer vom Drang zur Einheitswelt besessenen Gesellschaft solche Kontrapunkte.“ Die bisher eingegangenen Kommentare füllen bereits einige A4-Seiten. Danke!

Die 2 weiteren Werke werden am 15. September 2005 gedruckt vorliegen:

  • „Richtig gut einkaufen. Die moderne Lebensmittelkunde für den Alltag“ von Heinz Scholz.
  • „Bözberg West. Landleben zwischen Basel und Zürich“ von Heiner Keller.

Auf diese beiden Werke, die soeben von Urs Walter professionell gestaltet werden, freue ich mich aus guten Gründen:

Der von Sabine Hofkunst Schroer illustrierte Lebensmittelführer ist trotz des Faktenreichtums ein angenehm lesbares Buch mit dem Charakter eines übersichtlichen Nachschlagewerks. Die Wissenschaftlichkeit ist ohne die Sicht beengende Scheuklappen und durch den Einbezug von Zitaten und Anekdoten angenehm aufgelockert und eingefärbt. So erfüllt das Scholz-Buch die Voraussetzungen nach exakter und verständlicher Darstellung von komplexen Sachverhalten, ohne dadurch trocken und distanziert zu wirken: Es ist aus dem Leben gegriffen und für den Alltag geschrieben und berücksichtigt gesundheitliche Zusammenhänge. Das Ernährungswissen, das hier im Detail und im Überblick vermittelt wird, ist die Grundlage für die Gesundheit und damit für Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit.

Das Buch „Bözberg West“ seinerseits setzt in der Kulturgeschichtsschreibung neue Massstäbe: Das Leben in jener verhältnismässig idyllisch gebliebenen und wenig bekannten Region wird im erd- und kulturgeschichtlichen Kontext beschrieben. Die regionstypischen Aspekte werden vom Insider Keller minuziös mit Bezügen zum ökologischen, historischen und kulturellen Umfeld in einer engagierten Art dargestellt. Sie werden dadurch zu Sinnbildern, die auf alle ähnlich gelagerten ländlichen Gebiete, die zwischen Entwicklungseuphorie und Ruhebedürfnis schwanken, übertragen werden können. Der Autor beobachtet, beschreibt, bezieht Stellung, lobt und kritisiert, auf dass die weitere Entwicklung des Lebensraums mit der gebührenden Einfühlsamkeit geschehen und nicht blindlings erfolgen möge. Er schüttet ein Füllhorn von Wissen aus, an dem sich die Leser gütlich tun können. Ein vergnügtes Schmunzeln ist bei der Lektüre ebenso wenig zu umgehen wie ein kritisches Hinterfragen unseres eigenen Verhaltens.

Blogaktivitäten
Zu einem unerwarteten Erfolg in jeder Hinsicht ist das am 24. Dezember 2004 versuchsweise gestartete Blogatelier geworden. Die Bloggerinnen und Blogger, eigenwillige und originelle Denker mit publizistisch-literarischem Anspruch, wählen ihre Themen nach Lust und Laune aus und bestimmen, was sie wie wann und wie lang schreiben wollen. Es gab noch keinen Tag, an dem nicht ein neues Blog ins Netz kam, manchmal waren es 2 oder gar 3.

Blogs sind eine andere journalistische Form: Sie halten sich nicht an Distanziertheit, nicht an publizistische Regeln aus dem angelsächsischen Raum (wie das Leadsystem, dem Schreiben mit abnehmender Wichtigkeit wegen der besseren Kürzbarkeit und zur Leservertreibung), sondern sie beschreiben das Leben wie es ist, erzählen in einer unverkünstelten Sprache. Die Befreiung von publizistischen Zwängen wirkt für die Schreiber entkrampfend und inspirierend; es verhilft dem Leser zu einer unmittelbaren Nähe zum Autor, der in der Ich-Form schreibt (siehe dazu Blog vom 6. Februar 2005: „Die unsägliche Mühe mit der Ich-Form“).

Im Journalismus, wie er in Medienausbildungszentren indoktriniert wird, hat diese Deklaration des persönlichen Wahrnehmens nichts zu suchen; die Autoren geben sich distanziert, rein der Sache verpflichtet und tun so, als ob dies mit Objektivität zu tun hätte. Der zunehmend beschränkte Platz für Geschriebenes diktiert die Form und verhindert Inhalt. Dabei ist in Gottesnamen alles auf dieser Welt – und mag sie sich noch so sehr uniformieren – subjektiv, und dazu hat man zu stehen. Die Komplexität des Lebens lässt sich nicht auf Schlagwörter einengen, vor allem dann nicht, wenn man etwas genauer hinschaut, was man eigentlich immer tun sollte.

Subjektivität: Das Bloggen (Tagebuchschreiben und -publizieren aus der persönlichen Perspektive) könnte als eine Form der Selbstdarstellung missdeutet werden, weil man seine eigenen Beobachtungen, Gedanken und Erkenntnisse aus der eigenen speziellen Position heraus weitergibt. Doch geschieht die Weitergabe von Persönlich-Allzupersönlichem im Blogatelier niemals, um sich selber in den Vordergrund zu stellen, sondern aus dem Bedürfnis heraus, exakt und aus erster Hand zu berichterstatten. Es ist ähnlich wie bei den meisten Romanen, deren Inhalte vor allem das Wesen und Leben des Autors mit all seinen Erfahrungen weitertragen. Die menschliche Phantasie ist meistens zu beschränkt, um selbst das, was ein normaler Alltag an Konstellationen und Ereignissen bietet, zu erfinden. Im Zurechtbiegen und beim Bemühen, die Ereignisfolge verdichtend auf den gewünschten Punkt zu bringen, sind wir dann wesentlich talentierter.

Beim Lesen des meisterhaften Blogs „Bitte wieder ein bisschen mehr Charles Dickens!“ von Emil Baschnonga habe ich meine leicht angegilbte Goldmann-Doppelausgabe „David Copperfield“ aus der Bibliothek genommen. Dickens beginnt dieses Riesenwerk über die Entwicklungsgeschichte des Knaben David, die stark autobiografische Züge trägt, in der Übersetzung von Richard Zoozmann so: „Ob ich schliesslich der Held meines eigenen Lebens werde oder ob jemand anders diese Stelle einnehmen wird, das sollen diese Blätter zeigen. Um mit dem Anfang meines Lebens zu beginnen, berichte ich, dass ich (wie man mir später erzählt hat und wie ich auch glaube) an einem Freitag um 12 Uhr nachts geboren bin. Wie man sagt, fing zu gleicher Zeit die Uhr zu schlagen und ich zu schreien an.“

Da kam etwas viel zusammen. Doch solch exakte Schilderungen aus zugetragenem Wissen, eigenem Erleben und gelegentlichem Zuspitzen sprechen an, vertreiben die Langeweile. Sie machen eine Person lebendig. Mit der Zeit lernt man sie kennen. Denn wer immer etwas schreibt oder anderweitig berichtet, stellt sich durch die Art seines Mitteilens, durch den Inhalt seiner Botschaft und seine Sprache (Ausdrucksweise) zuerst einmal selber dar. Je mehr man von einer Person liest, desto mehr erfährt man über sie und umso besser kennt man sie mit der Zeit. Für die betreffende Person ist das ebenso eine Chance wie eine Gefahr: Je nach Position und Konstitution des Empfängers wird er begeistert sein, etwas unberührt auf sich einwirken lassen oder auf Distanz gehen. Vielleicht zerbrechen viele Partnerschaften und Ehen daran, dass man sich mit der Zeit zu gut kennt, zu viel über einander weiss und sich dadurch auf die Nerven geht. Auch der umgekehrte Fall ist möglich: Weil man sich gut kennt, entwickeln sich Verständnis und Toleranz für die Schwächen und Eigenarten des Partners, und man rechnet die als positiv empfundenen Seiten gegen das auf, was als Nachteil empfunden wird. Hoffen wir auf eine positive Bilanz.

Wer sozusagen ins Blaue hinaus schreibt, wie das im Internet üblich und nicht anders möglich ist, geht somit entsprechende Risiken ein. Und dennoch ist es trotz all dieser Gefahren eine faszinierende Sache: Durch den Prozess des Schreibens, des Aneinanderreihens von Gedanke an Gedanke, von Satz an Satz, spielt sich beim Autor ein Prozess der Erkenntnis ab – das ist auch hier und gerade jetzt so. Dabei ist es ein gutes und beflügelndes Gefühl zu wissen, dass es Menschen gibt, die gern an solchen Gedanken teilhaben, weil sie vielleicht für ihre persönliche Lebenshaltung einen wertvollen Impuls erhalten oder einfach, weil es für sie ein Erkenntnisgewinn ist: „Ja, das habe ich auch schon erlebt, und jetzt wird mir vieles klar.“

Wer für die Schublade schreibt – auch das könnte man tun –, dem ist die Chance genommen, irgendwo anzukommen und gar eine Antwort zu erhalten. Wer in einem einsamen Kämmerlein oder unter einem saftigen Nussbaum schreibt, wie ich das gerade jetzt tue, sucht weniger den Applaus wie der Künstler, der auf der Bühne höchstpersönlich im Rampenlicht steht oder der Politiker, der vor Gesinnungsfreunden eine pathetische Rede hält. Der einsame Schreiber ist dankbar für Rückmeldungen, die ihm beweisen, dass seine Schriftstücke beachtet und gelesen werden. Und wenn diese dann noch Gedanken und Impulse enthalten, die ihn weiterbringen, sind das die höchsten der Gefühle.

Ich habe das schon bei meiner publizistischen Tätigkeit bei Zeitungen und Zeitschriften immer wieder erfahren dürfen: Es waren die Leser, die mich mit ihren Einwänden, Anregungen und Fragen weitergebracht haben. Viele haben mit Dokumenten alimentiert, die mir sonst unzugänglich gewesen wären, weil ich von ihrer Existenz nichts wusste. Das ist auch heute noch der Fall. Viele Menschen, die ihre alten Zeitschriften und Archive entrümpeln, denken an mich und vermuten, vielleicht könne ich mit dem Material noch etwas anfangen. Meistens trifft das zu. Ein treuer Leser, Bernhard Tritschler aus CH 4125 Riehen, hat mit vor wenigen Wochen eine Schachtel voll etwa 50 Jahre alter „kosmos“-Zeitschriften gebracht. Ihr Papier ist spröde geworden; doch staunte ich, wie gründlich die Themen damals noch behandelt wurden und wie viel Wert auf sorgfältige Illustrationen gelegt wurde. Was von interessierten Menschen aussortiert und aufbewahrt wurde, befindet sich bereits auf einer höheren Qualitätsstufe, und wie bei einem guten gehaltvollen Wein adelt eine gewisse Lagerung (Alterung) den Inhalt; es treten Aromen hervor, die in jungen Jahren nicht zu verspüren waren.

Und so werden vielleicht viele oder gar alle Blogs, wenn man sie aus zeitlicher Distanz wieder lesen wird, neue kulturhistorisch bedeutsame Qualitäten hervorbringen. Das wäre schön.

Wenn man bestohlen wird
Vielleicht werden jene Blogs zitierend übernommen oder illegal ausgebeutet. Es fällt niemand ein, Schund zu stehlen und/oder zu fälschen. Fälscher wenden sich lieber einer Rolex als einer Billiguhr zu. In dem Sinne ist es ein Kompliment, zu einem Basisobjekt für ein Plagiat zu werden. Und auch ein solches gehört zur Geschichte des Textateliers.com. Ich verweise dazu auf den nachfolgenden ausführlichen Artikel.

Der Name Textatelier ist von mir vor bald 4 Jahren kreiert werden, die Folge einer spontanen Eingebung. Wir sicherten nur URL www.textatelier.com, nicht aber auch Endungen mit Nationalbezug wie .de, .ch, .at. Diese sind inzwischen alle anderweitig belegt, wogegen nichts einzuwenden ist – unser Name und unsere Idee hat Schule gemacht.

Wir haben keine Konkurrenzängste, denn unsere Leistungen und die Fülle unseres Internet-Auftritts sind nicht kopierbar. So wird unser Textatelier eine einzigartige Institution mit den Attributen des Besonderen und der Qualität bleiben – eine Verlockung für Diebe, die aus Mangel an eigenen Einfällen und fehlender Leistungsbereitschaft zu stehlen gezwungen sind.

Walter Hess


Von der Ehre bestohlen zu werden

Das Textatelier und sein geistiges Eigentum

Es seien die schlechtesten Früchte nicht, an denen die Wespen nagen, heisst es. Genauso hielt es auch Eva Thiel aus D-65760 Eschborn, die ein Schreibbüro eröffnete und nach einem guten Namen suchte. Sie wurde fündig: „Textatelier et“. Es gibt, wie oben erwähnt, verschiedene Textateliers, und es ist schon möglich, dass jemand von sich aus auf diesen sympathischen Namen kommt, der einen Anklang an eine künstlerische Werkstatt hat, in der fleissig geschrieben wird. Ich hatte keinen Anlass, dies Frau Thiel zu verübeln.

Doch hat es mich aber schon erstaunt, dass Frau Thiel die Einstiegssätze von 7 unserer insgesamt 39 Textatelier-Angeboten (unter „Ghostwriter für alles“) wortwörtlich übernommen hat:

 

Briefe

Sie benötigen einen Brieftext für höchste Ansprüche.
Wir machen Ihnen einen Vorschlag wie Ihr Text aussehen könnte. Sie bestimmen die definitive Fassung.

Inserate

Sie benötigen einen kurzen, einprägsamen und Erfolg versprechenden Text für Ihr Inserat.
Wir fassen in treffende Worte, was Sie anzeigen möchten, und sichern Ihnen eine umgehende Beratung zu.

Presseartikel

Sie benötigen einen nach allen Regeln der journalistischen Kunst geschriebenen Presseartikel nach Ihren Vorgaben und Unterlagen.
Wir verfassen oder überarbeiten Ihnen diese Arbeit, allenfalls auch aufgrund eigener Recherchen, termingerecht und druckfertig.

Public Relations

Sie benötigen Texte, die Ihr Unternehmen und/oder Ihre Produkte kennzeichnen und mit dem Stempel der Sympathie markieren.
Wir fühlen uns ein in Ihre Bedürfnisse, in jene des Übertragungsmediums und der Angesprochenen. Wir schreiben für Sie die gewünschten PR-Texte.

Redaktion

Sie benötigen möglichst schnell einen druckbereiten Text aufgrund rudimentärer Vorlagen.
Wir bieten Ihnen genau das, was Sie brauchen und nehmen auch andere redaktionelle Dienstleistungen wahr, bis zur Beantwortung von Leserfragen..

Textüberarbeitungen

Sie wünschen einfühlsam durchgeführte Polituren an einem Text, den Sie ausgearbeitet haben.

Werbetexte

Sie benötigen eine Vertrauen weckende Beschreibung für Ihr Produkt oder Angebot, die informiert wirbt.
Wir fassen in Worte, was Sie mitteilen und verbreiten wollen – anschaulich.

Man löst solche Sachen im Word mit Ctrl C (kopieren) und Ctrl V /einfügen. Sogar ein überflüssiger Punkt, der damals noch hinter unserem Text „ Redaktion“ stand, wurde übernommen, ein Plagiat in Reinkultur also.

Am 19. September 2004 habe ich der Plagiatorin in einem Brief u.a. geschrieben: „Selbstverständlich ist dies eine eindeutige Verletzung des urheberrechtlichen Schutzes, der für Sie nicht ohne Konsequenzen bleiben kann.“ Ich stellte ihr die Kosten für den bisherigen Gebrauch der Texte auf der Homepage www.textatelier-et.de in Rechnung und schlug ihr vor, ihr meine Sätze gegen ein kleines Entgelt zu überlassen. Ich würde für mein Unternehmen dann zu unseren Ansätzen neue Einleitungen schreiben. Denn ich wollte nicht die gleichen Sätze wie Eva Thiel verbreiten, ansonsten bei Internetnutzern, die beide Texte nebeneinander sehen, nicht ersichtlich wird, wer nun der Abschriftsteller ist. Beide können in solchen Fällen in den Verdacht der Abschriftstellerei geraten. Wer im erlaubten Rahmen abschreibt, muss wenigstens die Quelle sauber angeben.

Frau Thiel kennt sich in juristischen Belangen offensichtlich genau aus, bestand doch ihre eigene TextAtelier et-Einstiegsseite im Wesentlichen aus juristischen Warnungen an die Adresse an allfällige Plagiare. . . Ausgerechnet. Sie schrieb:

„© 2004 Alle Rechte vorbehalten. Text, Bilder und Grafiken sowie deren Anordnung auf „TextAtelier et“ Internetseiten, unterliegen dem Schutz des Urheberrechts und anderer Schutzgesetze. Der Inhalt dieser Internetseiten darf nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung durch TextAtelier et kopiert, verbreitet, verändert oder Dritten zugänglich gemacht werden.“

Ich nahm in meinen Brief dazu wie folgt Stellung: „Ihr Internetauftritt besteht im Wesentlichen aus Copyright-Hinweisen. Diese gelten allerdings, wie Sie beizufügen vergessen haben, nur für andere, nicht aber für Sie selber. Sie langten beim Textatelier Hess von Biberstein unbeherzt zu, liessen sich von hier nicht nur bei der Namensuche inspirieren, sondern kopierten aus unserem Textangebot prägnante Sätze, obschon auch unsere Texte mit dem © versehen sind.“

Frau Thiel kaschierte ihre Aneignung geistigen Eigentums innerhalb ihres Webauftritts durch die Übernahme grosser Disclaimer-Sprüche (Verzichterklärung):

„3. Urheber- und Kennzeichenrecht
Der Autor ist bestrebt, in allen Publikationen die Urheberrechte der verwendeten Grafiken, Tondokumente, Videosequenzen und Texte zu beachten, von ihm selbst erstellte Grafiken, Tondokumente, Videosequenzen und Texte zu nutzen oder auf lizenzfreie Grafiken, Tondokumente, Videosequenzen und Texte zurückzugreifen.
Alle innerhalb des Internetangebotes genannten und ggf. durch Dritte geschützten Marken- und Warenzeichen unterliegen uneingeschränkt den Bestimmungen des jeweils gültigen Kennzeichenrechts und den Besitzrechten der jeweiligen eingetragenen Eigentümer. Allein aufgrund der bloßen Nennung ist nicht der Schluß zu ziehen, dass Markenzeichen nicht durch Rechte Dritter geschützt sind!
Das Copyright für veröffentlichte, vom Autor selbst erstellte Objekte bleibt allein beim Autor der Seiten. Eine Vervielfältigung oder Verwendung solcher Grafiken, Tondokumente, Videosequenzen und Texte in anderen elektronischen oder gedruckten Publikationen ist ohne ausdrückliche Zustimmung des Autors nicht gestattet.“

Weil Frau Thiel sich in rechtlichen Belangen also bestens auskennt, wie man sieht, ist die Übernahme fremder Texte umso gravierender.

Die Antwort der Rechtsanwältin
Gut ein Monat nach Abgang meines Briefes traf ein zweiseitiger Brief von der Rechtsanwältin Diana M. Schulten in D-60594 Frankfurt am Main ein, die von Eva Thiel beauftragt und bevollmächtigt war. Zuerst einmal wurde mir mitgeteilt, „dass unsere Mandantin den Ihrerseits beanstandeten Inhalt der Webseite www.textatelier-et.de nicht selbst erstellt hat. Sie ging daher gutgläubig davon aus, dass die verwendeten Texte frei von Rechten Dritter seien. Über Ihre Vorwürfe war sie selbst überrascht und hat die umstrittenen Passagen sofort vom Netz genommen.“

Soweit das Zitat. Tatsächlich: Sogar die ganze Webseite ist seither verschwunden. Mich hat nur etwas erstaunt, dass eine Texterin ihre Texte nicht selber schreibt; aber das ist ihre Sache. Andernfalls hätte sie deren Herkunft wenigstens überprüfen müssen. Schulten: „Wir haben unsere Mandantin natürlich darüber aufgeklärt, dass sie ungeachtet dessen gegenüber Dritten für den Inhalt ihres Internetauftritts verantwortlich ist.“

Das sollte sie auch ohne juristischen Beistand wissen. Doch dann holte Frau Schulten zu einer Belehrung an meine Adresse aus: „Nach Prüfung des Sachverhaltes können wir jedoch den von Ihnen behaupteten Verstoss gegen das Urheberrechtsgesetz nicht bejahen. Denn die Identität der Texte allein begründet einen solchen Verstoss nicht, da es sich bei den vorliegenden Texten nicht um urheberrechtlich geschützte Werke i. S. d. §2 Abs. 1 UrhG (bzw. Artikel 1 schweizerisches Urheberrechtsgesetz) handelt.“

Soweit die Juristin aus Frankfurt a. M.

Der Artikel 1 des Schweizer URG lautet: Dieses Gesetz regelt:
a. den Schutz der Urheber und Urheberinnen von Werken der Literatur und Kunst;
b. den Schutz der ausübenden Künstler und Künstlerinnen, der Hersteller und Herstellerinnen von Ton- und Tonbildträgern sowie der Sendeunternehmen;
c. die Bundesaufsicht über die Verwertungsgesellschaften.“

Laut Artikel 2 („Werkbegriff“) heisst es in Absatz 4: „Ebenfalls geschützt sind Entwürfe, Titel und Teile von Werken, sofern es sich um geistige Schöpfungen mit individuellem Charakter handelt.“

Da dies auf die erwähnten Passagen zweifellos zutrifft, begann Schulten, eine „gewisse Schöpfungshöhe“ einzufordern und schrieb dazu: „Die hier relevanten Texte mögen zwar prägnant formuliert sein, stellen aber kaum eine solche herausragende und eigenständige Geistesleistung dar, als dass diese für sich genommen als urheberrechtlich geschütztes Werk im Sinne des UrhG anzusehen wären. Es handelt sich letztlich um Allerweltsformulierungen, die bei objektiver Betrachtung keine besondere künstlerische oder wissenschaftliche Qualität haben.“

Da frage ich mich schon, weshalb solche Allerweltsformulierungen denn gestohlen werden. Weshalb stiehlt man nicht Besseres, wenn schon? Doch inzwischen sei die Wiederholungsgefahr „ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht oder Präjudiz“ gebannt, dass Thiel weitere Texte von der Webseite www.textatelier.com „ohne vorherige Genehmigung der Autoren“ nutze oder nutzen lasse. Wenigstens diese vorbeugenden Worte des Trosts durfte ich empfangen.

Nehmen wir dazu das Beispiel eines Ladendiebstahls: Der Dieb schleppt Waren ohne Bezahlung ab, wird ertappt und versichert, er werde in diesem Laden nichts mehr stehlen. Kann man sich so elegant über einen Diebstahl hinwegsetzen? Das würde ganz neue Dimensionen eröffnen.

Die verbotenen Formulierungen
In meinem Schreiben an Eva Thiel hatte ich erwähnt, falls keine Vereinbarung zustande kommen sollte, würde ich den Fall im Internet darstellen. Ich sah mich deshalb dazu veranlasst, um die Internetnutzer, die – zum Beispiel mit Suchmaschinen – auf 2 verschiedenen Webseiten den gleichen Text finden, über die Hintergründe aufzuklären, auch darüber, dass die beiden Unternehmen fast gleichen Namens nichts miteinander zu tun haben.

Die Rechtsanwältin Schulten warnte mich in ihrem Brief davor in Fettdruck: „Wir fordern Sie daher namens und in Vollmacht unserer Mandantin auf, derartige Veröffentlichungen im Internet insbesondere unter Verwendung der vorgenannten Formulierungen zu unterlassen.“ Bei den verbotenen Ausdrücken handelt es sich um „räuberischen Diebstahl“, „geistigen Diebstahl“ und „Kleptomanin“. Diese Ausdrücke hatte ich in meinem Brief gebraucht.

Ich bin es eben gewohnt, die Sache beim Namen zu nennen. Und ich werde es weiterhin so halten.

*

PS. In der Schweiz ist die Revision des Bundesgesetzes über das Urheberrecht (URG) und verwandte Schutzrechte zurzeit im Gange; das Vernehmlassungsverfahren wurde am 31. Januar 2005 beendet. Das URG betrifft Schweizer Unternehmer als Inhaber von Rechten, ebenso Produzenten und Nutzer. Insbesondere bezweckt diese Revision einen besseren Schutz von Werken im Internet und eine Anpassung an internationale Entwicklungen, vor allem ans „Internet-Abkommen“ der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO).