Leserpost
Eine Freude, Autor zu sein
Der Einleitungstext zum Rundbrief 10 („Die Jahre 1 und 2 im Textatelier“) ist wieder ausgezeichnet. Da werden Aussenstehende staunen, welche mühevolle Arbeit dahinter steckt. Auch wird jetzt erwartet, dass die Autoren weiterhin ihr Bestes geben. Das wird sicherlich so sein, da eine vertrauensvolle und exzellente Zusammenarbeit mit dem Textatelier -Gründer besteht. Walter Hess hat ja immer ein „offenes Ohr“ für Themen und Ideen aller Art (das war schon zu den Hess'schen Zeiten der Zeitschrift „Natürlich“ der Fall). Und das spornt die Autoren zu Höchstleistungen an. Als Autor muss ich sagen, dass es mir sehr viel Freude bereitet, für das Textatelier zu arbeiten.Immer wieder haben Autoren die Erfahrungen gemacht, dass Redakteure an Texten herumfeilen, Passagen kürzen und sogar sinnentstellend wiedergeben. Vor Jahren unternahm eine Lektorin den Versuch, die Texte so umzumodeln, dass die Autoren ihr „Geschreibsel“ nicht wieder erkannten. Etliche der Schreiber zogen sich zurück. Aufmerksame Leser bemerkten in diversen Büchern denselben Schreibstil. Der Verlag wurde bald darauf von einem grösseren geschluckt, und die Lektorin hatte ausgespielt. Eine Sinnentstellung ist zum Glück beim Textatelier nicht zu erwarten. Im Textatelier bleibt der Charakter der Schreibe des jeweiligen Autors erhalten. Wir brauchen ja keinen Einheitsbrei, wo alles normiert ist.
Bevor eine Arbeit ins Netz kommt oder anderweitig publiziert wird, bedarf es eines erfahrenen Korrektors. Beim Textatelier wird das Korrekturlesen von Hans Kurt Berner in hervorragender Weise „zelebriert“. Wie wichtig das Korrekturlesen ist, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. So wurde in einer Publikation über Vitamine aus meiner Feder beim Tagesbedarf von Vitamin B12 anstelle von 5 Mikrogramm der tausendfache Wert, nämlich 5 Milligramm angegeben, obwohl im Manuskript der richtige Wert vorhanden war. Und so geht es mit anderen Zahlen weiter. So manche Lektoren stehen auch mit chemischen Begriffen auf Kriegsfuss (wohl deshalb, weil sie keine entsprechende Ausbildung in Chemie hatten) und geben chemische Bezeichnungen von Verbindungen falsch wieder.
Wie mir eine ehemalige Chefredakteurin mitteilte, sparen sich jetzt immer mehr Buch- und Zeitschriftenverlage ein abschliessendes Korrekturlesen. Die Folgen sind verheerend. Immer mehr Fehler schleichen sich ein. Sogar in hochwertigen Kunstbüchern wimmelt es nur so von Fehlern.
Ein Bruder eines Bekannten, der philosophische und theologische Bücher publiziert, bekam von einem anderen Verlag ein Werk zur Besprechung zugesandt. Er las und las und kam aus dem Staunen nicht heraus. Er entdeckte über 120 Fehler!
Autoren bemängeln immer wieder die fehlende Kommunikation zwischen Autor und Lektor. Es gibt Lektoren, die ihre Buchautoren nur vom Hörensagen oder vom Telefon her kennen. Ich frage mich, wie kann da eine gute Zusammenarbeit entstehen? Der Lektor oder die Lektorin liest das Manuskript, korrigiert und gibt es zur Druckerei. Dazu ein Beispiel. Als ich ein Buch zusammen mit einem Arzt über Vitalstoffe und die bioelektrische Funktions-Diagnostik („ Das ABC der Vitalstoffe“) schrieb, gab eine so genannte Fachfrau des Verlages folgenden Kommentar ab: „Ständig wurde mit ‚diagnostischen und therapeutischen Aussagen' um sich geschlagen; ein Laie kann damit wahrscheinlich herzlich wenig anfangen. Es ist umständlich und wenig leserfreundlich geschrieben. Ich hoffe, dass ich bei den Korrekturen die Intention der Autoren nicht allzu sehr verdreht habe. Manche Dinge, die angesprochen werden, sind mir nämlich nicht ganz klar geworden.“ Das zeigt deutlich, dass die Lektorin vom Thema keine Ahnung hatte. Das Buch wurde später erfolgreich verkauft, und es kamen keinerlei Reklamationen bezüglich Nichtverstehens. Die Leser scheinen doch intelligenter zu sein, wie die Lektorin.
Aber es gibt zum Glück Ausnahmen, wie das folgende Beispiel zeigt. Während der Ausarbeitung zu meinem Buch über Rheuma* ergab sich eine ausgezeichnete Zusammenarbeit mit der Lektorin des Alfred Vogel Verlages (Teufen AR). Es wurden Treffen vereinbart, telefonischer Kontakt gehalten und per E-Mail korrespondiert. Dies sind Faktoren, die sicherlich jeden Autor begeistern. In Zeiten der „Sprachlosigkeit“ eine Wohltat!
Für Ihren unermüdlichen Einsatz ein herzliches Dankeschön.
Heinz Scholz, Statthalterstrasse 6, D-79650 Schopfheim
*) „A. Vogel - Aktiv gegen Rheuma“, A. Vogel Verlag, Teufen, November 2003, ISBN: 3-906404-18-8
Antwort
Tatsächlich ändere ich Texte niemals ab, oder nur in Absprache mit dem Autor, wenn ein begründeter Anlass besteht. Wir beschränken uns im Allgemeinen auf rein sprachliche Korrekturen meist im Interesse einer vereinheitlichten Rechtschreibung, bei der ja nach wie vor eine grosse Konfusion herrscht. Unser Sprachexperte Hans Kurt Berner, ein langjährig erfahrener korrekter Korrektor, entscheidet in sprachlichen Zweifelsfällen. Da wir über exzellente Autoren verfügen, wäre es im Übrigen eine Anmassung, in deren Werken inhaltlich herumzupfuschen. In solchen Fällen wäre der schlechte Stil aufseiten des Lektorats.
Grundsätzlich ist es wichtig, jedem Autor den eigenen Stil und die eigenen Aussagen zuzugestehen. Wenn schon geändert wird, müssen die Eingriffe so sein, dass der Autor dankbar dafür ist. Bei Ihnen, Herr Scholz, ist das wegen Ihrer exakten Arbeitsweise nie nötig; ich spüre da immer eine wohltuende sprichwörtliche deutsche Gründlichkeit heraus.
Ich danke Ihnen für Ihre Mitarbeit und freue mich, wenn Sie uns auch weiterhin befruchten.
Walter Hess