"Lächerliche sprachliche Anbiederung"
Die Sprache ist ein "Kulturheiligtum", schrieb Dr. Gisela Spiess (Hurstbrunnenstrasse 15, D-79117 Freiburg i. Br.) in der "Badischen Heimat" 2-2001, und sie apostrophiert darin in markanter Art die "unverständliche Anbiederung an die grosse Weltmacht Amerika". Damit mache man sich nicht nur lächerlich, sondern es geschehe noch etwas viel Schwerwiegenderes: "Wir tragen auf diese Weise dazu bei, dass es sich für Ausländer bald nicht mehr lohnt, Deutsch zu lernen". Sie fügt bei, den Deutschen scheine jede Selbstachtung abhanden gekommen zu sein, eine Entwicklung, welche die Sprachwissenschaftlerin treffend als "dumm und zugleich beschämend" bezeichnet. Ausländische Touristen, welche das deutsche Denken und die deutsche Kultur kennen lernen wollten, schüttelten nur den Kopf. In England oder Amerika begrüsse kein Hotel einen Deutschsprachigen mit "Willkommen".
Zwar gebe es Fremdwörter, griechische, römische, französische usw. und nun auch englische, gegen deren Gebrauch absolut nichts einzuwenden sei, wenn sie etwas prägnanter und knapper ausdrücken als wir es mit einem deutschen Wort könnten (siehe Ghostwriter): "Aber muss man einen Schwarzwald unbedingt 'black forest' nennen, Kinder 'kids', eine Fahrkarte 'ticket'usw.?" Andere Kulturräume seien sprachbewusster: "Für die Franzosen ist der Computer ein ordinateur, die Schweden sagen data (dator), die Isländer tölva, was übersetzt eine Zahlenhexe wäre. Alle europäischen Völker, ob Franzosen, Spanier, Isländer, Finnen, Norweger usw., bemühen sich darum, ihre Sprache zu bewahren, indem sie neu auftauchende Begriffe nicht blindlings übernehmen, sondern versuchen, griffige Bezeichnungen in ihrer Sprache zu finden mit Ausnahme der Deutschen (und vielleicht noch der Italiener, den beiden Verlierern des 2. Weltkrieges): Fehlt es den Deutschen bereits an geistiger Wendigkeit und Schöpferkraft?"
In der deutschsprachigen Schweiz ist es leider nicht anders, muss man beifügen. Aus den Milchverarbeitungsbetrieben "Toni" und "Säntis" wurde "Swiss Dairy Food" (Schweizer Molkerei Futter). Solch idiotische Namen sind eine aktive Sterbehilfe für ganze Unternehmen.
Das gebildete Volk der Isländer galt lange als ein Vorbild in Bezug auf die Erhaltung der Landessprache. So gibt es dort ein spezielles Institut, das fremdsprachige Wörter sammelt, um isländische Entsprechungen z.B. für neu entwickelte Gegenstände und Ideen zu finden. Doch im Geschäftsleben und im Alltag ausser Hause nimmt das Amerikanische seit einiger Zeit auch in Island überhand, ein Identitätsverlust auch dort. Die Sprache des Geldes, des Handels und der Kinderkultur überlagert und vernichtet immer mehr lokale Eigenarten. Das wird durch die Globalisierung beschleunigt, dieser neuen Form von Kolonialisierung und einfältiger Unterwerfung.
Walter Hess