Gedanken über Populismus
Autor: Richard Gerd Bernardy,  Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Deutschland 
Die Encyclopedia  of Democracy (1995) definiert  Populismus wie folgt: „Eine politische  Bewegung, die die Interessen, kulturellen Wesenszüge und spontanen Empfindungen  der einfachen Bevölkerung hervorhebt, im Gegensatz zu denen einer  privilegierten Elite. Um sich zu legitimieren, sprechen populistische  Bewegungen oft direkt den Mehrheitswillen an – durch Massenversammlungen,  Referenden oder andere Formen der direkten Demokratie –, ohne grosses Interesse  für Gewaltenteilung oder die Rechte von Minderheiten.“ 
    
   "Tatsächliche und gefühlte Ursachen  und Ausdrücke von Populismus vermengen sich mitunter, etwa durch Staatsversagen  und hohe Arbeitslosigkeit, schwindende soziale Sicherheit und (drohender)  sozialer Abstieg, sinkender bzw. bedrohter Wohlstand, Kriminalitätsfurcht,  politische Machtinteressen und -konzentration, die sinkende Bedeutung von  Volksparteien, oligarchisch empfundene Verhältnisse, ein nicht gewünschter  Werte- und Kulturwandel oder Zeitgeist bzw. die Ablehnung des „Mainstreams“,  die Ablehnung einer Islamisierung nichtislamischer Regionen, der Gegensatz  zwischen ländlichen und urbanen Räumen, ein Mangel an Objektivität und  Medienkritik, Kapitalismus- und Globalisierungskritik, schwindende  Meinungsfreiheit und völkerrechtliche Souveränität, zunehmender Zentralismus,  Staatsgläubigkeit sowie Bürokratisierung. " (Wikipedia mit Bezug auf die Bundeszentrale für politische Bildung 2009)
    
   Das Leben könnte doch so einfach sein, wenn  man die komplizierten Zusammenhänge einfach nicht mehr zulässt! So kompliziert  kann das Leben doch nicht sein, dass es nicht für alles einfache Lösungen gibt!
    
   Man kann es Tag für Tag in unseren Medien  konsumieren:
    
   - Hartz 4 mit seinen rigorosen  Massnahmen führt nicht zu gerechterer Verteilung von Arbeit, sondern eher in  den sozialen Abstieg.
    
   - Flüchtlinge, besonders diejenigen, die  sich "nur" ein besseres Leben "bei uns" erhoffen, sind für  verantwortlich für viele Übel im Land: Islamisierung, Werte- und Kulturwandel, steigende  Kriminalität, schwindende soziale Sicherheit.
    
   - Globalisierung unterminiert unsere  Standards, vernichtet Arbeitsplätze.
    
   - Ehen gleichgeschlechtlicher Paare,  Abtreibungsfreiheit, Anwendung genetischer Techniken bei Mensch, Tier und  Pflanze sind unnatürlich.
    
   - Gesetze ermöglichen Reichen immer reicher  zu werden, etwa bei Steuern, begünstigen sogar bei Haftstrafen.
    
   - Politisch Verantwortliche bereichern sich  durch Diätenerhöhungen, verfassungsunkonforme Funktionszulagen, übermässig hohe  Abfindungen und Altersbezüge. 
    
   - Die Trennung zwischen Arm und Reich führt  zu einem 2-Klassen-Gesundheitssystem, Arme sterben früher als Reiche.
    
   - Etablierte Parteien vertreten uns, das  Volk, nicht mehr, sondern machen, was ihnen nützt, nicht dem Volk. Die  Staatsgewalt geht, wie es das Grundgesetz vorschreibt, nicht mehr vom Volk aus.
    
   Deshalb wollen wir, das Volk, dass alles  besser wird! 
    
   Also brauchen wir eine Volksvertretung  durch die Parteien, die alles vereinfachen:
    
   -   Arbeitslose und Arme werden gerechter behandelt!
    
   -   Ausländer werden nicht mehr ins Land gelassen, ausser, sie helfen  Notstände zu beseitigen, etwa im Gesundheitswesen oder als Fachkräfte.  Ausländer, die sich nicht integrieren wollen und unsere Werte annehmen wollen,  also dem Islam anhängen, die Scharia befürworten, Frauenrechte missachten, dem  Staat zur Last fallen und unsere Sozialsysteme belasten, werden rigoros in ihre  Herkunftsländer zurück geschickt.
    
   - Ausländische Produkte, die mit unseren  konkurrieren, werden mit hohen Zöllen belegt, damit durch sie keine  Arbeitsplätze vernichtet werden.
    
   - Neue Normen aus dem Ausland müssen hohe  Zulassungshürden nehmen, bevor die Produkte daraus zugelassen werden.
    
   - Familien sind die Grundlage unseres  Volkes. Gleichgeschlechtliche Paare können keine Kinder zeugen, sie und  Abtreibungen zu unterstützen, hiesse, gegen das Volksinteresse zu handeln.
    
   - Politiker haben sich mit einem Einkommen  zu begnügen, dass das 10-fache des Grundeinkommens nicht übersteigt.
    
   - Steuerhinterzieher gehören für Jahre  hinter Gittern!
    
   - Reichtum wird immer auf dem Rücken der  Armen geschaffen, Reichen muss also übermässiger Reichtum entzogen werden.
    
   - Politiker, und die, die es werden wollen,  müssen mindestens 1 Jahr lang in Betrieben arbeiten, damit sie erkennen, was  die Menschen bewegt.
    
   - Deutschland muss wieder stark werden, und  zwar als Nation, nicht in Gemeinschaft anderer Staaten, die oft nur  schmarotzen. Also muss sich Deutschland stark zeigen, wirtschaftlich,  militärisch, ideologisch!
    
   Klingt doch alles ganz einfach, oder?
    
   Was ist besser, im "eigenen Saft"  zu schmoren oder Ideen und Impulse aus der ganzen Welt aufzunehmen?
    
   Deutschland ist ein Einwanderungsland,  wollen die Deutschen das nicht wahrhaben?
    
   Deutschland will zwar exportieren "auf  Teufel komm' raus", will sich aber gleichzeitig abschotten?
    
   Die Formen des Zusammenlebens werden immer  vielfältiger, lässt sich "Kinderkriegen" und die Aufzucht staatlich  anordnen?
    
   Höhere Einkommen generieren auch mehr  Steueraufkommen. Soll man sie beschneiden?
    
   Machen längere Haftstrafen Täter besser?  Verhindert die Todesstrafe Straftaten?
    
   Einfache Lösungen auf komplizierte Probleme  gibt es nicht! Denn auf einfache Lösungen folgen komplizierte Probleme!
    
   Deshalb muss eine Demokratie streitbar  sein, unterschiedliche Lebensformen ebenso zulassen wie unterschiedliche  Meinungen und Auffassungen. Alle die oben diskutierten Massnahmen würden diese  Rechte aushöhlen.
    
   Die Deutschen fahren japanische Autos,  benutzen koreanische Handys, verfahren arabisches Öl, essen asiatisches Gemüse  und Obst, schreiben auf in China produzierten Laptops, fotografieren mit  japanischen Kameras, trinken südamerikanischen Kaffee, sehen amerikanische  Filme im Fernsehen und im Kino, urlauben überall in der Welt; um nur einiges zu  benennen! 
    
   Ob populistische Parteien an der Regierung  dies auf Dauer tolerieren?
    
   " Die Populisten haben es in der  Opposition einfach. Wenn sie regieren müssen, werden sie mit der Realität  konfrontiert. Dann realisiert man, dass ihre Versprechen nicht so einfach  umzusetzen sind. Vielleicht müssen die Leute einmal erfahren, was die  Populisten wirklich tun, wenn sie an der Macht sind, und sich überlegen, ob das  alles so viel besser ist als das, was sie bisher gekannt haben. Es besteht  allerdings das Risiko, auf der Verliererseite des Experiments zu stehen." Marco Steenbergen, Politologe, in: UZH Magazin, Wissenschaftszeitung  der Universität Zürich, März 2017, S. 50
      
   siehe auch:
   "Was will die "Alternative für Deutschland" 
    
*
*    *
Hinweis auf weitere Blogs von Bernardy Richard Gerd
Schreibblockade und Krankheit
Greise, deren Einfluss und der Lauf der Zeit
Wenn der bockige Bock einen Bock schiesst
Sommerhitze
Das Priamel, ein Vierzeiler, den man auch noch heute kreieren kann
Kinderfragen - W-Fragen
Grübeleien eines Insassen in einer deutschen Strafanstalt
Karl Marx und die Globalisierung
Sicherheit und Risiko
Folgen des Konsums
Verbrechen, Ängste, Drang und Fatalismus
Andere Kulturen, andere Denkweisen
Gehört zur deutschen Sprache eine einfache Aussprache?
Gedanken zum Frühling
