Textatelier
BLOG vom: 13.11.2013

Was ist das: Sprache? Wörter mit Worten beschreiben

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Niederrhein D
 
Wenn ich mir die Frage stelle: ‚Was ist Sprache?’ bin ich sprachlos. Die Sprache ganz zu erfassen, werde ich nie erreichen. Ich kann mir nur einzelne Phänomene der Sprache vornehmen. Haben Sie sich schon einmal Gedanken über den Unterschied zwischen Wörtern und Worte gemacht? Ich versuche einen Einstieg mit Wörtern, die ich zu Sätzen forme.
 
In der deutschen Sprache hat der Begriff Wort 2 Pluralformen, nämlich Worte und Wörter.
 
Ein Lexikon gibt als den Normalfall für das Wort innerhalb des Wortschatzes an, den die Sprecher der deutschen Sprache benutzen. Bei der Mehrzahlbildung von Wörter im Sinne von „Aussprüche“ mit einer gewissen Bedeutung aber lautet die Mehrzahl Worte. Diese inhaltliche Trennung ist nach Dr. Ernst Wasserzieher noch relativ neu. Er macht in seinem bekannten Buch „Woher?“ den Vermerk „18. Jh. noch nicht geschieden“. Unsere Nachbarsprachen, Niederländisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch oder Portugiesisch haben nur eine einzige Pluralform.
 
Wenn ich betonen will, dass ich das Gesagte als etwas Besonderes und Bedeutungsvolles halte, kann ich auch auf den 2. Plural verzichten und einfach das Wort sagen, zum Beispiel: „Er sprach ein grosses Wort gelassen aus.“
 
Im christlichen Glauben kennen viele den 1. Satz aus dem Johannes-Evangelium: „Am Anfang war das Wort...“. Es wurde darüber gerätselt, was denn das Wort des Anfangs war. Der Vater von Patrick Süskind, der Autor W. E. Süskind (1901‒1970) schreibt: „... sicher ist das lebenszeugende Zeitwort gemeint“. Die Übersetzung aus dem Hebräischen wird von vielen, die sich damit auseinandergesetzt haben, angezweifelt, denn ursprünglich war es „der Logos“. Süskind leitet seine Aussage vom lateinischen verbum ab, das einfach Wort bedeutet.
 
In Evangelien mehrerer Evangelisten gibt es eine Stelle, in der Jesus gebeten wurde, „ein Wort“ zu sprechen, so bittet ihn ein Centurio in Kafarnaum um die Fernheilung seines Dieners mit den Worten: „... sprich nur ein Wort, dann wird mein Diener gesund“. Nicht der Diener, sondern „meine Seele“ soll gesund werden, wenn die gläubigen Katholiken das Gebet vor dem Empfang der Kommunion beten.
 
Mir fällt der Beginn eines Gedichtes von Friedrich Schiller ein, das wir Schulkinder auswendig lernen mussten: 
Drei Worte nenn’ ich Euch, inhaltsschwer,
sie gehen von Munde zu Munde ... 
Das Gedicht heisst „Worte des Glaubens“. Aus den einzelnen Versen kann man entnehmen, dass Schiller die Worte Freiheit, Tugend und Gott gemeint haben könnte. Möglich sind aber auch die Worte der französischen Revolution: egalité, liberté, fraternité.
 
Grosse Worte
Lieder ohne Worte (Felix Mendelssohn Bartholdy).
 
Wer auf seine Art etwas zu sagen hat, muss auf jede andere Art schweigen können (Gerhart Hauptmann).
 
Es gibt Dinge, die man nicht sagen kann, weil es keine Worte gibt, um sie zu sagen. Und wenn es sie gäbe, würde niemand ihre Bedeutung verstehen. Frederico Garcia Lorca.
 
Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige Worte sprechen (Johann Wolfgang von Goethe).
 
Mit jedem Worte wachsen wir (Christian Morgenstern).
 
Worte sind Taten des Geistes (Ferdinand Ebner).
 
Das Wort, die grösste Errungenschaft des Geistes
‒ es war am Anfang und ist das Ende,
 der Vater des Geistes und seine Missgeburt,
Glück und Verhängnis,
Freiheit und Fessel;
Inbegriff der Eindeutigkeit,
und es vereinigt in sich allen Widerspruch:
ein Gleichnis für den Geist,
nie mehr oder weniger als Metapher.
(Meir Wiener)
Wenn bekannte und bedeutende Persönlichkeiten etwas sagen oder schreiben, sind das oft Worte. Elias Canetti warnt: „Wenn man sehr viel Worte gemacht hat, verliert man das Gefühl dafür, wie viel sie anderen bedeuten.“
 
Ich will nicht zuviele Worte machen. Die hier geschriebenen reichen aus, über „Worte“ nachzudenken, denn „Der Gedanke wächst, indem er sich von seinen eigenen Worten nährt“ (Rabindranath Tagore).
 
Aus dem Gedanken entspringt das Wort. Nicht umgekehrt (Emil Baschnonga).
 
Und: Bleiben Sie Mensch, denn „Ein Mensch ist mehr ein Mensch durch das, was er verschweigt, als durch das, was er sagt!“ (Albert Camus).
 
 
Quellen
Süskind, W. E.: „Vom ABC zum Sprachkunstwerk“, Edition Epoca, Zürich 1996.
Hauschka, Ernst R.: „Handbuch moderner Literatur im Zitat“, Wiesbaden 1968.
Wasserzieher, Ernst: „Woher?“, Dürrenmatt Verlag, Bonn 1974.
  
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