Textatelier
BLOG vom: 22.12.2012

Recherchen (3): Wenn die Augen trocken statt feucht sind

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Kürzlich erhielt ich von einem Leser die folgende Zuschrift: „Meine Frau hat mich gebeten, Sie einmal anzufragen, was sie gegen die im Schlaf zu trockenen Augen machen könne. Ich vermute, dass ein geöffnetes Fenster in der Nacht die Ursache ist.“
 
Nach dem Eintreffen dieser Frage konnte ich mich nicht mehr zurückhalten, um meine Recherchen zu starten. Doch bevor die Tipps ins Blogatelier fliessen, noch eine Schilderung aus eigenen Erfahrungen. Auch ich hatte während meiner Berufszeit mehrmals mit trockenen Augen zu tun. Die Beschwerden traten auf, nachdem wir in einen Raum mit Klimaanlage umgezogen waren und ich viel Computerarbeit zu erledigen hatte. Ich verspürte ein Fremdkörper- und Trockenheitsgefühl der Augen. Es zeigte sich auch eine Rötung der Bindehaut. Wie ich mir sagen liess, gibt es Patienten, bei denen sich unter solchen Bedingungen eine chronische Hornhautentzündung ausbilden kann.
 
Mein damaliger Hausarzt überwies mich zu einem Augenarzt. Dieser mass die Tränensekretion mit einem Filterstreifen, den er ins Innere des unteren Augenlids steckte. Er verschrieb mir dann künstliche Augentropfen. Soweit ich mich erinnern kann, besorgte ich mir in einer Apotheke ein Tränenersatzmittel mit Polyvinylalkohol. Diese Verbindung ist angebracht bei leicht trockenen Augen.
 
Dann riet mir der Arzt, ich solle unbedingt während meiner Sitzungen vor dem Computer darauf achten, dass der Lidschlag alle 5 bis 10 Sekunden erfolgt. Wahrscheinlich starrte ich lange Zeit auf den Bildschirm und vernachlässigte den erforderlichen Lidschlag. Das regelmässige Blinzeln darf man also nicht vergessen. Aber Achtung, ein Zuviel ist nicht immer von Vorteil, wie in der folgenden Meldung ersichtlich ist:
 
Als am 14.12.2012 in Lörrach ein Autofahrer in eine Polizeikontrolle kam, bemerkten die Ordnungshüter ein verdächtiges Lidflattern und ungewöhnlich reagierende Pupillen. Ein Test ergab, dass der Automobilist THC, ein Cannabis-Produkt, konsumiert hatte. Nun war für den Mann die Fahrt zu Ende.
 
Zurück zum Augenarzt. Er sagte damals in etwa dies zu mir: „Machen Sie öfters Pausen, gehen Sie ab und zu spazieren.“ Daran hielt ich mich. Nach dem Mittagessen machte ich mit Arbeitskollegen immer einen Spaziergang ums Werksareal. Das half dann. Die trockenen Augen verschwanden allmählich.
 
Noch ein Tipp: Man sollte bei einem trockenen Auge Zugluft meiden und Zigarettenrauch aus dem Weg gehen. Eine trockene Heizungsluft oder die Luft aus der Klimaanlage sind nicht gut für das Auge. Dadurch verdunstet der Tränenfilm schneller.
 
Vielleicht spielten bei mir noch Umweltbelastungen eine Rolle. Ich hantierte des Öfteren mit Substanzen, die stäubten, und auch mit Lösungsmitteln.
 
Blinzeln Sie öfters!
Warum ist der Lidschlag so wichtig? Nun, durch den Lidschlag wird der Tränenfilm gleichmässig auf der Oberfläche des Auges verteilt. Die Tränenflüssigkeit hat sehr wichtige Aufgaben zu erfüllen: Feuchthalten von Hornhaut und Bindehaut, Versorgung mit Sauerstoff der äusseren Hornschicht, Glätten von Unebenheiten auf der Hornhaut, Abwehr von Bakterien und Viren und Ausschwemmen von Fremdkörpern.
 
Der Tränenfilm ist aus mehreren Schichten aufgebaut. Er besteht aus Eiweissstoffen, Enzymen, Antikörpern und einer wässrigen und fetthaltigen Komponente. Dazu Dr. Axel Jaksche von der Universitäts-Augenklinik Bonn: „Die schleimhaltige Schicht liegt direkt der Augenoberfläche auf und gleicht Unebenheiten aus. Sie sorgt auch dafür, dass die anderen Komponenten des Tränenfilms besser am Auge haften können. In der Mitte liegt die wässrige Schicht. Sie macht den grössten Teil der Tränenflüssigkeit aus. In ihr sind die Enzyme und Antikörper gelöst.“
 
Der Fachmann bemerkte zudem noch, dass die äussere Schicht sehr dünn und fetthaltig ist und dafür sorgt, dass die Tränenflüssigkeit nicht über die Lidkante läuft. Erst wenn die Kälte ins Land zieht und man in der frischen Luft herumläuft (das ergeht mir so), fliesst die Tränenflüssigkeit so reichlich, dass sie nicht nur über die Nase abläuft, sondern über die Wange herunterfliesst. Dann hilft nur noch ein Taschentuch zum Abwischen.
 
Die Abgabe und Menge der Tränenflüssigkeit aus der Tränendrüse und anderen kleinen Drüsen der Bindehaut und des Lidrands werden übrigens durch das vegetative Nervensystem geregelt.
 
Weitere Ursachen
Wie ich erfuhr, leiden etwa 20 % der Patienten, die den Augenarzt konsultieren, unter trockenen Augen (Sicca-Syndrom).
 
Es gibt mehrere Ursachen für die Entstehung eines trockenen Auges. So kann nach chirurgischen Eingriffen am Auge, wie zum Beispiel nach einer Staroperation, ein Trockengefühl entstehen. Weitere Ursachen sind laut der Universitäts-Augenklinik Bonn Nebenwirkungen bestimmter Arzneimittel (z. B. Anti-Baby-Pille, Schlafmittel, Beruhigungsmittel, Beta-Blocker), Erkrankungen wie Diabetes, Rheumatismen (z. B. Sjögren-Syndrom, Lupus erythematodes, Polyarthritis) und Hauterkrankungen (z. B. Rosacea). Das trockene Auge kann sich auch nach der Anwendung bestimmter Augentropfen und bei der Hormonumstellung der Frauen (Wechseljahre/Klimakterium) ausbilden.
 
Helfen essentielle Fettsäuren?
Je nach Schwere der Krankheit wird der Therapeut entscheiden, wie er das trockene Auge behandelt. Wie schon erwähnt, verschreibt er eventuell Tränenersatzmittel oder andere Medikamente. Er wird vielleicht auch Omega-3-Fettsäuren empfehlen. Auf dem Jahrestreffen der „Association for Research in Vision and Ophthalmology“ (ARVO) im Jahr 2003 wurde darauf hingewiesen, dass die hohe Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren das Risiko, trockene Augen auszubilden, verringert. Zu den Omega-3-Fettsäuren gehören die alpha-Linolensäure, Eicosapentaensäure und Decosahexaensäure. Gute Nahrungsquellen für diese essentiellen Fettsäuren sind Leinöl, Sojaöl, fettreiche Seefische (Makrele, Lachs, Hering, Sardine, Thunfisch, Schwertfisch), Lebertran. Am meisten Omega-3-Fettsäuren sind im Leinöl (bis 64 %) enthalten. Der Lebertran folgt an 2. Stelle mit 20 %.
 
Die Omega-3-Fettsäuren wirken dreifach:
-- Sie hemmen die Zusammenballung von Blutplättchen (Thrombozyten) und verhindern somit Gefässverschlüsse.
-- Die Fettsäuren entfalten eine antiarrhythmische Wirkung, das heisst, sie wirken einem unregelmässigen Herzschlagrhythmus entgegen. Arrhythmien stellen bei einem Herzinfarkt die grösste Gefahr für einen plötzlichen Herztod dar.
-- Die Fettsäuren wirken blutdrucksenkend.
 
Ich hoffe, dass ich der Frau mit meinen Recherchen und eigenen Erfahrungen helfen konnte. Ich vermute, dass bei ihr Umwelteinflüsse (Zugluft bei einem geöffneten Fenster während der Nacht oder eine zu trockene Raumluft) eine Rolle spielen.
 
Internet
 
Hinweis auf einen Blog mit Erwähnung von Omega-3-Fettsäuren
 
Hinweis auf Glanzpunkte-Artikel mit Erwähnung von Omega-3-Fettsäuren
 
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