Textatelier
BLOG vom: 16.08.2012

ELSTER im Anflug: Die Deutschen und die Steuererklärung

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
„Was hilft es dir, damit zu prahlen,
dass du ein freies Menschenkind?
Musst du nicht pünktlich Steuern zahlen,
obwohl sie dir zuwider sind?“
(Wilhelm Busch, „Schein und Sein, Unfrei“)
*
Für das zurückliegende Jahr 2011 ist in Deutschland wieder eine Einkommensteuererklärung fällig. Diese Tätigkeit ist mir ein Graus. Aus diesem Grunde schiebe ich den Abgabetermin, der sonst Ende Mai fällig ist, immer mehr hinaus. In der Vergangenheit meldete sich das Finanzamt mit der Bitte, doch die Erklärung bis Ende August abzugeben. Dann kam die Drohung: Und wenn dieser Termin nicht eingehalten werde, sind Verzugszinsen fällig. Man kann ja seine Steuerschulden dem Staat nicht zu lange vorenthalten. Das verstehe ich.
 
Andere Leute verfahren ähnlich, aber nur, wenn sie keine Rückerstattung bekommen. Für die zu erwartenden Steuererstattungen werden die Formulare schon im Januar ausgefüllt und an das Finanzamt gesandt. Meistens dauert es Monate, bis die Gelder beim Steuerzahler eingehen.
 
Ich werde jetzt einmal schildern, was zu einer solchen Erklärung notwendig ist.
 
Zunächst geht es an die Belegsammlung. In einem Ordner sammle ich die Rechnungen, Beiträge für Versicherungen etc. für das vorherige Jahr. Dann geht es ans Ordnen und Zusammenheften von Belegen, wie solche für Schreibwaren, Computerzubehör, Fachbücher, Fahrtkosten (0,30 Euro pro km), Weihnachtsgeschenke an Redaktionen, anteilmässige Telefon- und Internetkosten, Spendenbescheinigungen, Handwerkerleistungen (Arbeitskosten + 19 % Mehrwertsteuer). Damit noch nicht genug: Bei der Steuererklärung muss man die Einkünfte aus Kapitalvermögen, die Beiträge für Kapitalertragssteuer (KAPS) und den Solidaritätszuschlag (SOLZ) angeben. Die zuletzt genannten Beiträge bekomme ich zurück. Der Hausverwalter legt nämlich die Gelder für die Rücklagenbildung der Eigentümer an. Von den Zinsen muss die KAPS und der SOLZ abgeführt werden. Die genannten Beiträge bekomme ich nur zurück, wenn keine Steuernachzahlung ins Haus flattert.
 
Die Renten und andere Leistungen (Leibrenten, Leistungen aus Altersversorgungsverträgen – z. B. eine Betriebsrente) werden in Anlage R („Renten und andere Leistungen“) der Formulare eingetragen.
 
Für Autoren wurde die Anlage S („Einkünfte aus selbständiger Arbeit“) erfunden. In 2 gesonderten Blättern trage ich die Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Publikationen) und die Betriebsausgaben ein. Der Gewinn bzw. Verlust kommt dann in die Anlage S.
 
Richtiges Ausfüllen ist wichtig
Wer nicht durchblickt, kann sich an einem Merkblatt, das den Formularen für die Einkommensteuererklärung angehängt ist, informieren. Da steht u. a. dies: „Die Finanzverwaltung ist ständig bestrebt, ihre Arbeitsabläufe zu optimieren. Dadurch profitieren Sie als Bürger durch eine schnellere und kostengünstigere Bearbeitung Ihrer Steuererklärung und ggf. durch eine zeitnahe Steuererstattung.“
 
In Beispielen wird dann das Ausfüllen angeblich erleichtert. Ich kenne Leute, die trotz dieser Empfehlungen ganz wirr im Kopf werden und sich an einen Steuersachverständigen wenden. Dieser füllt dann die Formulare aus. Ich habe es etwas leichter, da sich in den vergangenen Jahren kaum etwas an meinem Einkommen geändert hat.
 
Wer die Formulare in Händen hat, kann nicht nach Gutdünken diese ausfüllen. Grossbuchstaben sind erwünscht; dann sollte man die Eintragung mit einem schwarzen Kugelschreiber machen. An diese Vorgabe habe ich mich nie gehalten. Ich benutze immer eine blaue Kugelschreibermine. Bisher kamen keine Reklamationen.
 
Bei der handschriftlichen Ausfüllung müssen die Buchstaben immer in die vorgegebenen Kästchen eingetragen werden. Da darf man keinen Knick in der Optik haben oder alkoholumsäuselt sein. Man muss ja die Kästchen treffen. Wer mit einer Schreibmaschine die Formulare ausfüllt, muss die Eintragungen nicht in die Kästchen platzieren!
 
Korrekturen sind möglich. Aber auch hier gibt es Vorschriften. Schreibfehler korrigiert man in die verbleibenden Eintragungsfelder. Wurde eine Eintragung fälschlicherweise vorgenommen, streicht man diese Eintragung wieder durch.
 
Elektronische Steuererklärung
In diesem Jahr erhielt ich vom Finanzamt keine Formulare und auch keine Aufforderung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung zugesandt. Von einem Bekannten, der sich gut mit der Problematik auskennt und auch Steuererklärungen von Firmen und Privatpersonen abgibt, erhielt ich die Formulare. Gleichzeitig erfuhr ich, dass die Finanzämter ab dem Jahr 2011 „ELSTER, die andere Steuererklärung“ einführt. Es handelt sich um die elektronische Steuererklärung. Der Steuerzahler wird also gezwungen, in Zukunft eine solche abzugeben. In einem Informationsblatt des Finanzamtes steht dies:
 
„Die elektronische Steuererklärung bietet Ihnen im Vergleich zur Papier-Erklärung zahlreiche Vorteile:
 
O Elektronisch abgegebene Erklärungen werden in der Regel schneller bearbeitet, da die Daten dem Finanzamt schon vorliegen.
 
O Durch die unverbindliche Steuerberechnung wissen Sie vorab, mit welcher Erstattung Sie rechnen können.
 
O Mit der Datenübernahme aus dem Vorjahr entfällt viel lästige Schreibarbeit, da Sie gleich bleibende Daten nicht wieder neu eingeben müssen.
 
O Durch die verschlüsselte Übertragung sind Ihre Daten maximal gesichert.“
Da kann man sich nur wundern. Dies ist jedoch sicher: Es ist eine grosse Arbeitserleichterung für das Finanzamt. Die Steuereintreibungsbehörde spart auch das Porto für die Übersendung der Formulare.
 
Was ist mit den Belegen bei der elektronischen Steuererklärung? In vielen Fällen, so wird behauptet, sind die Belege „nur auf Aufforderung“ durch das Finanzamt vorzulegen. Gesetzliche vorgeschriebene Belege sind jedoch einzureichen. Wer hier nicht durchblickt, kann eine „Belegvorlage nur auf Anforderung“ unter www.elsterformular.de einsehen.
 
Informationen bekommen wir „armen“ Steuerzahler unter www.elster.de
 
Wohl oder übel werde ich im nächsten Jahr eine elektronische Steuererklärung einreichen. Vielleicht blicke ich da besser durch und brauche dann weniger Zeit, um die Formulare auszufüllen. Aber da habe ich meine Zweifel.
 
In diesem Jahr bekomme ich sicherlich den Betrag für die Kapitalertragssteuer und den Solidaritätszuschlag für die Zinsen der Rücklagenbildung der Hausverwaltung zurück. Das ist ein Betrag von 39,60 Euro. Dies kommt daher, dass ich als Pensionär einen Freibetrag habe. Da kann ich einen gewissen Betrag dazuverdienen.
 
Der Riesenaufwand für das Finanzamt und auch für den Steuerzahler ist enorm. Und das „liebe“ Finanzamt bekommt kein Geld von mir, im Gegenteil, es muss noch eine Rückzahlung veranlassen.
 
Kaum zu glauben, wie die Pensionäre und Kleinverdiener vom Finanzamt gepiesackt werden. Aber vielleicht erhoffen sie sich Einnahmen, um die grossen Staatsschulden etwas abzumildern. Aber da hoffen die Geldeintreiber wohl vergeblich!
 
Wie mir ein Fachmann sagte, sind heute ganz andere Dimensionen der Steuereintreibung gefragt. Es werden nicht nur „Steuersünder“-CDs gekauft, sondern auch eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer geplant. Der Staat ist immer erfinderisch, um neue Steuern zu erfinden und andere Steuereintreibungsmassnahmen einzuführen.
 
Und nun noch einige passende Zitate über Steuern, Staat und Finanzämtern. Dabei kann man wenigstens etwas lachen und grübeln, wie man Steuern einsparen könnte.
 
Einige passende Zitate
Ein österreichischer Finanzminister Ende des 19. Jahrhunderts: „Ein Staat macht nie bankrott. Bankrott machen nur seine Gläubiger.“
 
Öffentliche Mittel = Staatliche und kommunale Gelder, die, im Gegensatz zu privaten, nur Ärger machen, bevor sie verschwendet werden.
 
Am Hofe Ludwigs XVI. fiel die Bemerkung: „Was sind tausend Taler für einen König!“
Jacques Necker entgegnete: „Die Abgaben eines fleissigen, armen Dorfes.“
 
Die Einbrecher finden im Finanzamt leere Tresore. Sie hinterlassen einen Zettel: „Kollegen, wo versteckt Ihr Eure Beute?“
 
Der französische Chansonnier Ives Montand wurde bei einem Empfang von einem unscheinbaren Manne angesprochen. Er erklärte, er habe seine Laufbahn von Anfang an verfolgt. „Sind Sie Musiker?“, fragte Montand. 
„Nein“, antwortete der angebliche Fan, „ich bin Steuersachbearbeiter.“
 
Ein Patient schildert seine Beschwerden dem Psychiater. Er habe fürchterliche Albträume, er sässe splitternackt auf einem Felsen und aus dem Meer komme ein grässliches Ungeheuer, das mir die Eingeweide aus dem Körper reisse. Der Psychiater: „Nehmen Sie einen Steuerberater.“
 
An das Finanzamt: „Bei Bezahlung dieser Schuld werde ich mir alle bedenkliche Mühe geben.“
 
An das Finanzamt: „In Zukunft werde ich nur noch mit dem Vorsteher persönlich verhandeln. Als Witwe habe ich es nicht nötig, mich den unteren Beamten gegenüber zu entblössen.“
 
Wahlspruch des Einkommensteuerpflichtigen: „Wer weniger angibt, hat mehr vom Leben."
 
„Nur 2 Dinge auf dieser Welt sind uns sicher: Der Tod und die Steuer.“
(Benjamin Franklin)
 
„Der Staat ist keine Kuh, die im Himmel gefüttert und auf Erden gemolken wird.“
(Franz Etzel)
 
Und noch eine Episode: Am 09.08.2012 sah ich mir die Komödie „Mad Money“ im Fernsehen bei VOX an. Es ging um ein Trio (3 erfindungsreiche Damen), das in der US-Notenbank von Kansas City aussortierte Geldscheine vor dem Schreddern bewahrten und dadurch reich wurden. Sie wurden unvorsichtig, und es erfolgten Kontrollen in ihren Wohnungen bzw. Häusern. Die Beamten fanden zwar Geldbündel, konnten aber nicht nachweisen, dass die Scheine aus der US-Notenbank waren. „Geld zu horten, ist auch in der USA nicht verboten“, war zu vernehmen. Der Chef der Bank sagte auch, ihm sei nichts vom Verschwinden von Banknoten bekannt. Als das Trio sich erfreut vom Tatort (alle wurden in der Bank vorgeladen) entfernen wollte, legte ein Beamter Einspruch ein. Er sagte, das gehe nicht, keiner habe Steuern bezahlt. Nach seinen Berechnungen kamen auf das Trio wegen des luxuriösen Lebens erheblichen Nachzahlungen zu.
 
So ist das auch im Leben. Kaum geerbt, kommt das Finanzamt und will auch etwas vom Kuchen haben. Zum Glück gibt es in Deutschland Freibeträge, so dass nicht jeder mit Steuern rechnen muss.
 
 
Literatur
„Grosses Zitatenbuch“, Compact Verlag, München 1986.
Puntsch, Eberhard: „Witze, Fabeln, Anekdoten“, mvg, München 1968. Die meisten der oben erwähnten Zitate stammen aus diesem Buch.
 
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