Textatelier
BLOG vom: 01.01.2011

In jedes neue Jahr nehmen wir die alten Erinnerungen mit

Autorin: Rita Lorenzetti, Zürich-Altstetten
 
Die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr habe ich gern. Sie sind mit dem Atemholen vergleichbar. Das Fest ist verklungen. Die Enkelkinder sind abgereist. Nach und nach findet unsere Wohnung zur alten Form zurück. Das Massenlager ist aufgehoben. Die Energie erlebnishungriger Kinder ist verflogen. Es ist still. Still auch ganz besonders, weil es jetzt wieder schneit.
 
Jetzt können sich die Erlebnisse in mir niederlassen, ihren Platz finden und mich dann in Ruhe lassen. Je älter ich werde, desto langsamer verlaufen die entsprechenden Prozesse. Erst danach fallen alle Anspannungen von mir ab.
 
Betrete ich aber unsere Stube, ist die Stimmung mit den Kindern wieder da. Hier steht doch noch unser prächtiger Christbaum, und um ihn tanzen die Erlebnisse des Heiligen Abends. Der Baum scheint die Freude immer noch auszustrahlen, dass er hier sein kann. Seine Nadeln und sein Harz duften. Er ist eben ein ganz besonderes Exemplar. Eines mit einem Vorleben.
 
Primo entdeckte ihn kurz vor Weihnachten in einer grossen Abfallmulde im Umfeld seiner Werkstatt und der benachbarten Event-Hallen. 5 Meter hoch, aufrecht gewachsen, stark, etliche Jahre alt. Gesund und schön. Und doch weggeworfen, rücksichtslos entsorgt. Dass er für weihnachtliche Stimmung einer Geschäftsfeier dienen musste, bezeugen die Beigaben im Containergrab. Ein paar rote und silberne Kugeln, grosse Schneesterne aus Karton und meterweise wattierter weisser Stoff.
 
Primo hat in seinem Berufsleben viele Parkbäume, die hätten geschreddert werden müssen, gerettet und aus ihrem Holz Raritäten hergestellt. Verständlich, dass ihn das Schicksal dieser Tanne im Abfallcontainer berührt hat. Er rettete auch sie und brachte sie heim. Vordem schnitt er sie auf die Masse unserer Stube zu und brachte auch die abgeschnittenen Äste heim. Diese schichtete er am Boden um den Stamm herum auf. Nichts ging verloren, was zum Baum gehört hatte. Entstanden ist eine ausstrahlende, dem Fest würdige Persönlichkeit.
 
Es gab viele Jubelrufe – „Oh wie schön! Oh wie schön!“ – als wir die Stube betraten und die Kinder im Glauben liessen, das Christkind hätte den Baum gebracht. Da gab es keine Zweifel, auch für die Erwachsenen nicht. Wohl können wir einen Baum in die Stube stellen, doch der Glanz, den ihm die flackernden Lichter bescheren, der kommt von anderswo her. Die Enkelkinder erlebten erstmals lebendiges Kerzenlicht und sie staunten.
 
Und vor diesem Baum sangen Mena und Nora Weihnachtslieder, deutsch und französisch. Sie hielten sich an den Händen. Ihre Freude, hier singen zu können, war gross.
 
Gerne wüsste ich, welche Momente in ihren Herzen einen ewigen Platz gefunden haben, von denen sie als Erwachsene dann erzählen. Für jetzt aber muss mir der Glanz, den ich in ihren Augen gesehen habe, genügen.
 
Nora hatte irgendwo den Ausdruck „Du meine Güte!“ aufgefangen. Schnell begriff sie, dass wir es lustig fanden, wenn sie ihn an mehr oder weniger passenden Stellen anbrachte. Sie verwendete ihn nicht in Momenten, die erschreckten. Für sie ist diese Güte Ausdruck einer heiteren Überraschung. Und doch habe ich ihn am Weihnachtsfest nicht gehört. Für ein solches Fest kannte sie noch keine Worte.
 
Auch das neue Jahr kennen wir noch nicht. Ich benütze die Gelegenheit, Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, zum Übergang ins Jahr 2011 von Herzen alles Gute zu wünschen.
 
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