Textatelier
BLOG vom: 17.10.2010

Von Löschtaste und Spam-Filter bis zum Lichtschalter

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Im IT-Zeitalter preise ich die Löschtasche. Damit kann ich mich vom lästigen Elektro-Müll befreien, etwa von Angeboten, die unerwünscht und unaufgefordert meinen elektronischen Briefkasten überfluten. Seitdem ich einen Spam-Filter eingerichtet habe, wird mein Briefkasten automatisch vom Müll befreit. Er strandet vorerst im „Recycle Bin“ – eine Art Vorhölle im Papierkorb – , ehe ich ihn wöchentlich einmal für ewig, so dachte ich mir, mit der Löschtaste in die elektronische Hölle verbanne. Wie verbrennt der Teufel dieses Zeug? Nein, er verbrennt es nicht, sondern wiederverwertet den Abfall, der wiederum dank dem Spam-Filter aus meinem Briefkasten gelöscht wird – ad absurdum. Aber das stört mich nicht mehr. Ich bin eine Ärgerquelle losgeworden. Damit ist Platz für eine neue Ärgerquelle geschaffen. Welche?
 
Die vielen Massensportanlässe durchs ganze Jahr, die im Fernsehen alle anderen Programme verdrängen oder dezimieren. Die Abschlussfeier der „Commonwealth Games“ vom 14.10.2010 hat das Programm „Flog it!“ abgewürgt, das mich gelegentlich amüsiert, indem es zeigt, wie Leute ihre Schätze aus dem Estrich verramschen. Manchmal entdecken die Experten wahre Fundstücke. „Warum wollen Sie Ihr Erbstück loswerden?“ fragen die Experten. Durchs Band wird ihnen geantwortet: „Die Kinder interessieren sich nicht dafür“, „Uns fehlt der Platz dafür, nach dem Umzug in eine kleinere Wohnung“, „Es liegt nutzlos in einer Schublade“, „Es sollte ein neues Heim finden für Leute, die daran Gefallen haben“. Am Ende der Auktion werden die Verkäufer gefragt: „Was tun Sie mit dem Erlös?“ An 1. Stelle wird geantwortet: Wenn der Erlös 3 £-Ziffern erreicht hat: „Ferien machen.“ Der 2-stellige Erlös wird in ein Essen investiert.
 
Zurück zum Thema. Auch die Nachrichten saugen sich mit Sportberichten voll. Seit Tagen schon wird u. a. der Verkauf eines Fussballclubs weitschweifig erörtert. Ein Bombengeschäft, das mir keinen Deut wert ist. Wichtige Nachrichten kommen zu kurz. Hier gibt es für mich nur eine Taste: „Ausschalten!“
 
Ich frage mich: „Lässt sich im Fernseher ein Spam-Filter einrichten?“ Die Technologie sollte dies spielend ermöglichen. Doch die kommerziellen Interessen sprechen im „Rating“-Wettbewerb zwischen den Fernsehgesellschaften dagegen, wiewohl der Verlust einiger Zuschauer kaum ins Gewicht fällt. Wer sich über den Sprachzerfall informieren möchte, der höre zu, wie Sportler im Interview antworten. „Abschalten!“ befehle ich mir. Das gilt auch für die meisten Gräuel-Filme aus Amerika. Ich bin mir sicher, dass in Kürze die wunderbar gelungene Rettung von 33 Bergmännern in der Gold- und Kupfermine in Chile in einem Film aus Amerika verwurstet wird. Dann wiederum: „Abschalten!“
 
Die Lichtschalter mag ich, besonders jetzt, wo sich die Nächte verlängern. Wir haben allerlei antike Leuchtkörper in unserem Haus. Ich mag gedämpftes Stimmungslicht, wenn wir abends plaudern.
 
Heute Abend werde ich dieses Blog meiner Frau vorlesen, aus dem Stegreif übersetzt. Dazu benötige ich sanftes Licht und ihr sanftmütiges Lob … Der Fernseher bleibt ausgeschaltet.
 
Dann gehe ich zufrieden schlafen. Das Licht im Schlafzimmer wird abgeknipst, mir und den Elfen zuliebe.
 
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